Kaum aus Berlin zurück, mischt die Balingerin die lokale Polit-Szene auf und sorgt für viel Wirbel und Irritationen.
Balingen - Ja, was will sie denn? Mit ihrer Ankündigung, für die Kommunalwahlen 2014 in Balingen eine neue Frauenliste auf die Beine stellen zu wollen, löst Susanne Kieckbusch Wirbel und Irritationen aus. Auch ihre eigene Rolle – als Mitglied der Grünen und mögliche Gründerin einer Konkurrenz-Liste – wirft Fragen auf.
Anlass für Kieckbuschs Ambitionen, eine neue Frauenliste in Balingen begründen zu wollen, ist der Verzicht der Frauenliste Balingen, bei der nächsten Wahl eine eigene Liste aufzustellen (wir berichteten). Dieser Verzicht habe sie seit Bekanntwerden der Nachricht Mitte der vergangenen Woche stark umgetrieben, sagte Kieckbusch gestern im Gespräch mit unserer Zeitung.
Die 52-Jährige sagte, dass sie über die Frauenliste politisch aktiv geworden sei. Sie gehörte der Frauen-Fraktion im Gemeinderat Balingen an, ehe sie der Gruppe im Jahr 2005 im Unfrieden den Rücken kehrte und 2009 erfolgreich für die Grünen kandidierte. Sie war im Gemeinderat Balingen und im Kreistag vertreten, ehe sie als Nachrückerin für die vergangenen zehn Monate ein Mandat im Bundestag übernahm.
Kaum aus Berlin zurück, mischt sie die lokale Polit-Szene wieder auf
Von dort ist sie nun zurück, und man könnte sagen: Kaum ist sie wieder da, mischt sie die lokale Polit-Szene wieder auf. Ende der vergangenen Woche stand ihr spontaner Entschluss fest: Das könne es doch nicht gewesen sein mit der Frauenliste, eine solche Liste brauche es, um mehr Frauen in das kommunalpolitische Gremium zu bringen.
Seitdem sieht sich Kieckbusch als Retterin der Frauen-Interessen in Balingen. Sie sei "hochmotiviert" und zuversichtlich, 32 Geschlechtsgenossinnen für die Kommunalwahl 2014 zusammentrommeln zu können, sagte Kieckbusch gestern. Dasselbe hat, wie berichtet, die Frauenliste auch versucht – und ist gescheitert. Hauptsächlich wegen dieser Personalnöte haben die Frauen in der vergangenen Woche ihren Verzicht auf eine eigene Liste erklärt.
Doch das schreckt Kieckbusch nicht ab, im Gegenteil: Für sie scheint es ein großer Ansporn zu sein. Für die Grünen habe sie bei den Wahlen 2009 schon bewiesen, dass sie Zug- und die nötige Überzeugungskraft habe, Leute zu Kandidaturen zu bewegen. Ziel sei und bleibe es, dass im Gemeinderat ebensoviele Frauen wie Männer vertreten seien – entsprechend der Geschlechterverteilung in der Bevölkerung.
Ihre eigene Kandidatur lässt sie derweil bewusst und fast kokettierend offen. Noch in der vergangenen Woche hatte Kieckbusch gegenüber unserer Zeitung erklärt, dass sie im nächsten Jahr bei den Kommunalwahlen in Balingen für die Grünen antreten werde. Das hatte sie mit dem Ortsverein auch so besprochen. Nun sagt sie: "Das Leben ist dynamisch." Eine Kandidatur sei ein "Strategiespielchen". Sie werde sich entscheiden, je nachdem, ob eine Kandidatur für die Grünen oder die möglicherweise neue Frauenliste mehr Resonanz entfalte. Im Klartext: Sie wird sich entscheiden, je nachdem, wie die Erfolgsaussichten stehen.
Der Grünen-Ortsverband ist angesichts dieser Entwicklung, gelinde gesagt, leicht irritiert. Beate Stockmayer, die Vorsitzende, sagte gestern, dass die Ankündigung Kieckbuschs, eine Frauenliste auf die Beine stellen zu wollen, "unerwartet und plötzlich" gekommen sei. Diese Entwicklung müsse nun innerhalb des Ortsverbands "ernsthaft diskutiert" werden. Das Grundanliegen, mehr Frauen in den Gemeinderat zu bekommen, sei begrüßenswert, so Stockmayer. Allerdings müsse genau geprüft werden, ob die Aufstellung einer neuen Liste durch ein Grünen-Mitglied den Interessen der Grünen möglicherweise zuwiderlaufe.
Verträgt sich eine neue Liste mit den Interessen ihrer Partei?
Einen ähnlich gelagerten Fall, dass ein Mitglied einer Partei als Allein- und Gegenkandidat zum Kandidaten seiner Partei antritt, hat es zuletzt im Schwarzwald-Baar-Kreis gegeben: Siegfried Kauder (damals noch CDU), war nicht mehr als Bundestagskandidat nominiert worden, deswegen trat im September er auf eigene Rechnung an. Die Folge: Die CDU leitete wegen parteischädigendem Verhalten ein Ausschlussverfahren ein, Kauder trat nach Jahrzehnten aus der CDU aus.
Erwin Feucht, Stadtrat der Grünen, hatte mit Kieckbusch deren Kandidatur für die Grünen-Liste im nächsten Jahr abgesprochen; ihre Zusage erhielt er am Rande der Bundesdelegiertenkonferenz Mitte Oktober in Berlin. Auf Kieckbuschs Frauenliste-Ambitionen angesprochen, sagte Feucht gestern, dass er dafür ein "gewisses Verständnis" habe, schließlich führe Kieckbusch schon lange eine Kampf für die Rechte der Frauen. Zur Frage der Kandidatur sagt Feucht, dass Susanne Kieckbusch sich in den nächsten Wochen entscheiden müsse, ob sie für die Grünen oder ihre eigene Frauenliste antreten will. "Bis dahin sollten wir sie einmal machen lassen."