So hoch – oder doch niedriger? Vor allem der Neubau am neuen Hinteren Kirchplatz ruft Diskussionen hervor. Foto: Maier

Rund 100 Zuhörer im Foyer des Balinger Rathauses. Nicht alle sind mit der Planung zufrieden.

Balingen - Ist so ein "Riesending" anstelle des alten Mesnerhauses nötig? Wird auf dem Hinteren Kirchplatz zwischen all den noch zu bauenden Häusern überhaupt noch die Sonne scheinen? Ist ein Kreisverkehr an der Kreuzung zum Spitaltörle nicht etwa gefährlich? Und wer, bitteschön, ist dieser Investor, der da bauen will? Fragen über Fragen, die zeigten, dass den Balingern ihre Stadt am Herzen liegt. Einige wurden gestern Abend bei der Informationsveranstaltung zur künftigen Gestaltung des Hinteren Kirchplatzes beantwortet, einige Bedenken ausgeräumt. Rund 100 Zuhörer hatten sich im Foyer des Rathauses eingefunden, bei weitem nicht nur betroffene Anlieger.

Baudezernent Ernst Steidle holte weit aus, erinnerte an die Situation in den 1980er-Jahren, als täglich rund 20.000 Autos die Kreuzung zwischen Stadtkirche und Rauthaus passierten. Die Umgestaltung sei damals sehr kontrovers diskutiert worden, "und heute haben wir einen der schönsten Marktplätze im Land". Seit etwa zehn Jahren werde versucht, zusammen mit den Eigentümern "die Voraussetzungen für eine bauliche Entwicklung zu schaffen. Jetzt würden die Eigentümer der Bebauung zustimmen, und eine Bauherrengemeinschaft würde die Bebauung angehen, "wenn es den Bebauungsplan gibt". Das Ziel: den Marktplatz und die Friedrichstraße attraktiver ans City-Center anzubinden.

Der Tuttlinger Architekt Michael Muffler hatte sich mit der historischen Grundrissen befasst. Im Bereich des Mesnerhauses und in Richtung Stadtbücherei gebe es "offene Strukturen, keinen Platz". Das entspreche nicht der Gesamtstruktur der Stadt, die in "Blockbauweise" aufgebaut sei. Der Marktplatz sollte hier einen Abschluss finden, mit Pflaster, Bäumen, Sitzbänken und Beleuchtung. "Im Prinzip sollte man den Platz nicht bebauen, sondern fertig bauen", sagte Muffler.

Auf Alleinstellungsmerkmal der Innenstadt hingewiesen

Stadtplaner Michael Wagner erklärte, dass man sich jetzt auf eine dreigeschossige Bebauung geeinigt habe; die Gebäude würden etwas höher ausfallen als früher, weil heute eben eine größere Raumhöhe vorgegeben sei. Den Kreisverkehr müsse man sich ähnlich vorstellen wie den an der Bahnhofstraße. Zur Straße hin sei ein verglaster Lärmschutz denkbar, eine Art "Stadtloggia".

Pfarrerin Kristina Reichle zeigte sich, auch im Namen des Kirchengemeinderats, sehr zufrieden, dass man in der Planung mit der Traufhöhe der umliegenden Gebäude "um zwei Meter runtergegangen" sei und zeigte sich zuversichtlich, dass der Hintere Kirchplatz nach der Umgestaltung für Veranstaltungen attraktiver werde könnte.

Heinz Schwab vom Balinger Bürgerverein sagte: "Wir wissen als Balinger Bürger, dass wir hier ein Filetstück verkaufen, es ist ein Herzstück Balingens." Er sei froh, dass der nördliche Bereich, wo früher die Krottengrabenschule stand, vorerst nicht bebaut werde. In einem Sechs-Punkte-Papier hat der Bürgerverein, vertreten durch Heinz Schwab und Ingrid Helber, seine "Einwände zum Hinteren Kirchplatz" festgehalten. Unter anderem sei es kein Gesetz, dass eine dreigeschossige Bebauung vorgegeben sei, wenn auf der anderen Seite der Kirche dreigeschossige Häuser stehen, heißt es da. Und wenn es schon – man denke an ›pro optik‹ – eine Bausünde auf der einen Seite gebe, müsse nicht partout auch auf die andere Seite eine hin. Der Bürgerverein weist in dem Zusammenhang auf das Alleinstellungsmerkmal der klassizistischen Innenstadt hin.

Bastian Weikum, Begründer der Facebook-Seite "Rettet das alte Balingen", fügt hinzu, Balingen habe großen Charme gehabt, sei aber dabei, ihn zu verlieren: "Alles platt machen und eine ›Null-acht-fünfzehn-Stadt‹ zu errichten, ist der falsche Weg." Das, beteuern die Vertreter der Stadt, wolle niemand. "Was wir wollen, ist eine Qualität wie in der Innenstadt, ohne Verkehr", sagte der Baudezernent.