Sie lassen die Zeit der Gemeindereform wieder aufleben (von links): Hans Uhl, Eberhard Theurer, Roland Heck, Erwin Kästle und Kurt Haigis. Foto: Maier

Ehemaliger Ministerpräsident Erwin Teufel und Zeitzeugen reden über Zusammenschluss von Gemeinden und Städten.

Balingen - Das hat gut getan: Der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel erwies sich beim Bürgertreff am Samstag in der Balinger Stadthalle als toller Gratulant für "40 Jahre Große Kreisstadt Balingen". Auch Zeitzeugen sind mit dem Ergebnis zufrieden, das der Zusammenschluss von zehn Gemeinden und Städten gebracht hat.

Nach seinem Rückblick auf die Vorbereitungen und die Umsetzung der Gemeindereform nannte Teufel Gründe, wieso es in Balingen sehr viel besser gelaufen sei als in manch anderen Orten: So habe der damalige Bürgermeister und spätere Oberbürgermeister Albert Hagenbuch – ein laut Teufel "ebenso liebenswürdiger wie nachdrücklicher Mensch" – eine gute Nachbarschaft zu den umliegenden Gemeinden gepflegt und dadurch viel erreicht.

Darüber hinaus hätten dessen Nachfolger Eugen Fleischmann und Edmund Merkel "auf partnerschaftliche Weise" mit den Ortsteilen zusammengearbeitet, in denen es fähige Ortsvorsteher und Ortschaftsräte gegeben habe und gebe. Und schließlich sei keine zentralistische, sondern eine dezentrale Politik bestimmend gewesen, was sich unter anderem daran zeige, dass die Rathäuser "Anlaufstellen" geblieben seien.

Den Erfolg der Stadt machte Teufel außerdem am Bau der Stadthalle – "eine geniale Idee" – fest. Sie habe viel zur Integration und Identität beigetragen und sei "hervorragend gemanagt worden". Auch sei die Stadtsanierung in Balingen mit der Verwirklichung der Fußgängerzone so gelungen wie in kaum einer anderen Stadt; deren Charakter sei geblieben und nicht durch einen "architektonischen Mischmasch" zerstört worden. Der gute Ruf Balingens käme schließlich auch durch große ehrenamtliche Engagement.

Dennoch gelte es, Herausforderungen zu bewältigen, auch wenn Balingen für Teufel eine "starke, eine Vorzeigestadt" sei, die Zukunft habe. So müsse die ganze Aufmerksamkeit auf die Wettbewerbsfähigkeit gerichtet werden, um auf der "Höhe der Zeit" zu bleiben. Und Teufel forderte die Zuhörer auf, die zunehmende Vereinsamung der Menschen nicht hinzunehmen, sondern alle in die Gemeinschaft aufzunehmen: "Denn Menschsein heißt Mitmenschsein."

Dass die positive Entwicklung Balingens kein Selbstläufer war, machten die Zeitzeugen in der von SWT-Hörfunkjournalist Roland Heck moderierten Gesprächsrunde deutlich. Der ehemalige Bürgermeister Erwin Kästle erinnerte daran, dass die Eingemeindung Streichen als die am weitest entfernte Gemeinde ein "Geniestreich" gewesen sei; danach seien andere Kommunen von der Eingemeindung leichter zu überzeugen gewesen. Frommerns Ortsvorsteher Hans Uhl vertrat indes die Ansicht, dass sich die Streichener vom Versprechen einer neuen Straße hätten blenden lassen, Hagenbuch aber den Frommerner im Kampf um ihre Unabhängigkeit "mächtig in die Suppe gespuckt hatte".

Laut Uhl hätten sich Frommerner und Weilstetter nicht so richtig gemocht, weshalb wohl auch die damals ebenfalls diskutierte Fusion der beiden Gemeinden nicht zustande gekommen sei. Auch deshalb, weil für Weilstetten die Selbstständigkeit sehr wichtig gewesen sei, wie der ehemalige Ortsvorsteher Kurt Haigis betonte. Der späteren Fusion mit Balingen und Frommern hätten sich die Weilstetter nur schwer anfreunden können, "auch weil Balingen damals noch nicht so strahlte". Gegenüber den Kampagnen, die damals in Weilstetten geführt worden seien, erscheinen heutige Wahlkämpfe als "Kuschelkurse", so Haigis.

Dass Balingen dennoch zur Großen Kreisstadt wurde, sei vor allem dem "Architekten" Hagenbuch, der sich nie aus der Ruhe habe bringen lassen, zu verdanken, sagte Erwin Kästle. Hagenbuch sei es gewesen, der alles gemacht habe, erinnert sich der ehemalige Gemeinderat Eberhard Theurer: "Wir Balinger Gemeinderäte waren niemals draußen in den anderen Gemeinden."

Schließlich hielt Hans Uhl fest: "Wir können alle stolz sein auf die Entwicklung der Stadt." Und Haigis ergänzte: "Die Wunden sind verheilt. Wenn mich jemand fragt, woher ich bin, antworte ich, dass ich Balinger bin und aus Weilstetten komme."