Bald wieder eigenes Wasser: Im Weilstettener Wald laufen die letzten Arbeiten für die Reaktivierung der Quellen.
Balingen-Weilstetten - Im Sauterwald oberhalb von Weilstetten, wo es üblicherweise schön ruhig ist, wo Vögel zwitschern, Grillen zirpen und sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, dort röhren in dieser Woche schwere Maschinen. Oberhalb eines kleinen Hangs steht ein Bagger, unten eine Zugmaschine mit Seilwinde, und mittendrin eine Pflugmaschine mit aufgesteckter großer Kabeltrommel.
Die Männer der Firmen Flammer aus Mössingen und Böck aus Hopferau erledigten in dieser Woche eine der letzten Arbeiten, an deren Ende die Reaktivierung der Sauterwald- und der Mohrenwirtswaldquelle steht. Es handelt sich um ein Projekt von großem Prestige und enormer lokaler Bedeutung: Voraussichtlich noch in diesem Jahr läuft in Weilstetten wieder Wasser aus Weilstettener Quellen aus den Hähnen.
Wie wichtig das den Weilstettenern ist, bewiesen zum einen die Grundstückseigentümer, in deren Boden die neuen Leitungen verlegt werden: Sie alle stimmten dem Vorhaben geschlossen zu. Die Bedeutung des Projekts wurde zudem am Tag der Einweihung des neuen Hochbehälters Köstental im Oktober 2012 deutlich, zu dem viele Weilstettener kamen. Dies sei ein "wichtiges Datum" für den Ort, sagte damals Ortsvorsteher Kurt Haigis.
Der Neubau des Hochbehälters Köstental war eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Wiedernutzung der eigenen Quellen. In dem alten Hochbehälter, 1952 erbaut, konnte das Weilstettener Wasser nicht mehr gemäß der 2003 in Kraft getretenen Trinkwasserverordnung aufbereitet werden. Außerdem war er mit einem Fassungsvermögen von 300 Kubikmetern zu klein für die heutige Zeit. Der neue Hochbehälter mit einem Volumen von 800 Kubikmetern und insbesondere die neue Ultrafiltrationsanlage, die vor zwei Wochen bereits installiert wurde und mit der das Wasser aufbereitet wird, macht die Reaktivierung der eigenen Quellen möglich.
Der Pflug für die Arbeiten in dieser Woche ist eigens aus dem Oberallgäu herangeschafft worden, er ist etwas Spezielles: Er schiebt sich nicht stur durch den Untergrund, sondern sanft rüttelnd. In die rund eine bis einenhalb Meter tiefe Furche zieht er zudem automatisch Kabel ein – in Weilstetten genau zwei: eine etwas dickere, blaue Leitung sowie ein schwarzes Leerrohr. Von beiden kommen jeweils 1250 Meter in den Weilstettener Waldboden, sagt Sabrina Miltenberger vom Ingenieurbüro Miltenberger und Schmid aus Hechingen, das das Projekt betreut. Durch die blaue Leitung fließt künftig das Wasser von den beiden Quellen zum Hochbehälter, das schwarze dient zur Datenübermittlung: Die Mohrenwirtswaldquelle wurde schon vor Jahren in ein landesweites Messprogramm aufgenommen. Genau registriert werden dort Quellschüttung und Qualität des Wassers. Bisher muss dafür immer jemand hoch in den Wald und ablesen – künftig werden diese Daten automatisch erfasst, erläutert Harald Eppler, der Technische Werkleiter der Stadtwerke Balingen.
Prüfung in Streichen und Zillhausen
Der Wasserbedarf in Weilstetten wird seit dem Jahr 2002, als die eigenen Quellen vom Netz genommen wurden, allein über das Wasserwerk Hammer des Zweckverbands Hohenberggruppe gedeckt. Im Jahr bevor sie abgedreht wurden, schütteten die Sauterwald- und Mohrenwaldwirtsquelle nach Angaben der Stadtwerke Balingen 81 700 Kubikmeter Wasser aus – bei einem Gesamtverbrauch in Weilstetten von 200 500 Kubikmetern. Der Gesamtverbrauch ist seitdem stetig zurückgegangen, im Jahr 2011 lag er bei 164 671 Kubikmetern. Die eigenen Quellen versorgen also künftig, wenn sie ähnlich viel Wasser geben wie bisher, rund die Hälfte aller Weilstettener Haushalte, im Notfall auch noch mehr, außerdem, falls notwendig, auch Teile Frommerns.
Generell sei die Versorgung mit eigenem Wasser bei den Stadtwerken ein Thema von besonderer Bedeutung, sagt Harald Eppler. Außer der Reaktivierung der Quellen in Weilstetten werde derzeit auch der Wiederanschluss der Quellen in Weilstetten und Streichen geprüft. Dort ist die Situation ganz ähnlich: Die Quellen mussten zum 1. Januar 2003 wegen der neuen Trinkwasserverordnung vom Netz genommen werden – und auch dort machen die neuen, kleinen Ultrafiltrationsanlagen den Wiederanschluss möglich. Damit könnten bald auch dort auch wieder eigenes Wasser aus den Hähnen kommen.