Kultur: Rottenburger Domorganist überzeugt das Publikum beim Neujahrskonzert in Balingen
Balingen. "Orgelfeuerwerk zum Neujahrsfest" – so stand es auf dem Programm des Neujahrskonzerts in der Balinger Stadtkirche. Und Ruben Sturm hat dieses Motto nicht nur in der Händelschen "Feuerwerksmusik" verwirklicht, sondern auch in Boëllmanns "Toccata" und Widors "Final". Der Rottenburger Domorganist und Orgelprofessor brillierte mit perfektem Spiel und durch überragende Registrierkunst.
Auch seine Improvisationskunst war hochkarätig. So erhielt er am Ende verdienten, nicht enden wollenden frenetischen Beifall mit stehenden Ovationen.
Die am Anfang stehende "Music For The Royal Fireworks" von Georg Friedrich Händel brauchte bei der Uraufführung 112 Musiker; Ruben Sturm meisterte allein mit einer eigenen maßgeschneiderte Orgelbearbeitung, die "Ouvertüre" in ihrer vollen Pracht erklingen zu lassen, nicht nur mit Trompetenklängen, sondern auch mit weiteren orchestralen Klangfarben der Orgel. So entstand ein wunderbar differenziertes Klangbild.
Besinnlich leise dagegen war das Choralvorspiel "Das alte Jahr vergangen ist" aus dem Orgelbüchlein von Johann Sebastian Bach. Wunderbar ausgeziert erklang die Melodie in einer Soloregistrierung bei zarter, chromatischer Streicherbegleitung.
Ein weiteres Glanzstück war die "Suite Gothique pour Grand Orgue" von Léon Boëllmann. Mal kraftvoll bombastisch, mal leise verhalten erklang die "Introduction et Choral". Leicht tänzerisch und sauber artikuliert beeindruckte das "Menuet gothique". Durch die gut durchdachte Registrierung erhielt das Stück noch zusätzlich an Farbigkeit. Im folgenden "Prière à Notre-Dame" brachte Ruben Sturm die zarten Stimmen der Orgel zum Erklingen und verströmte in anrührenden Melodien ein romantisches Klanggewebe. Die "Toccata" begann zunächst zurückhaltend mit zwei rhythmisch unterschiedlichen Themen, das eine von frappierender Fingerfertigkeit in den Manualen, das andere im Bass. Unter Benutzung aller Klangmöglichkeiten der Stadtkirchen-Orgel eroberte der Klang im Verlauf immer mehr an Raum, und das Virtuosenstück endete in einem furiosen Finale.
Choralfantasie erstrahlt in hellem Silberklang
Kraftvoll und freudig war der Arnstädter Gemeindechoral "In dulci jubilo" von Johann Sebastian Bach mit seinen virtuosen und effektvollen Zwischenspielen.
Nachdenklich stimmte dagegen der "Danse Macabre" von Camille Saint-Saëns in der Orgelfassung von Edwin Lemare. Zarte Klänge in vielen Schattierungen und eine elegische Melodik prägten dieses Stück. In hellem Silberklang erstrahlte die Choralfantasie "Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Bach, gut artikuliert mit virtuosen Passagen mit der Melodie mal im Sopran und mal im Bass.
Von dem Meister der französischen Orgelromantik Charles Marie Widor interpretierte Sturm das "Cantabile und Final" aus der Orgelsinfonie Nr. 6 vorzüglich. Wahrlich einnehmend sanglich war das "Cantabile" mit Oboe und Flöte als Soloregister bei zarter Begleitung. Als triumphal, pompös und virtuos erwies sich das toccatenhafte "Final".
Den krönenden Abschluss des Konzerts bildete die "Improvisation über Weihnachtslieder". Da war Ruben Sturm ganz in seinem Element und zeigte seine Meisterschaft in dieser hohen Kunst. Wie herrlich erklang aus dem passenden Klangteppich heraus "Herbei o ihr Gläubgen", "Stille Nacht", "Ihr Kinderlein kommet" oder dann voller Jubel "O du fröhliche" mit dem Cantus firmus zum Schluss im Pedal.