Weg mit den Ohrmarken: Mit großen Plakaten macht der Uria-Verein vor dem Brandenburger Tor auf seine Ziele aufmerksam. Foto: Maier

Ernst Hermann Maier macht sich bei Demo der Initiative "Wir haben es satt!" vor 50.000 Zuhörern für das Uria-Konzept stark.

Balingen/Berlin - 50.000 Menschen haben bei einer Großdemo in Berlin den Stopp von Tierfabriken, Gentechnik und TTIP gefordert und haben sich für eine artgerechte Tierhaltung stark gemacht. Mit dabei: der Ostdorfer "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier.

"Wir waren mit ein paar Leuten in Berlin und haben dort unsere Anliegen kundgetan", sagt Maier. "Ein paar Leute" – damit sind Mitglieder des bundesweiten Uria-Vereins gemeint, dessen Vorsitzender der Ostdorfer "Rinderflüsterer" ist.

Bauern und Verbraucher gehen vereint für eine Agrarwende auf die Straße – bereits zum fünften Mal. Das Bündnis "Wir haben es satt!" fordert von der Bundesregierung eine klare Absage an das EU-USA-Handelsabkommen TTIP, einen wirksamen gesetzlichen Schutz der Land- und Lebensmittelwirtschaft vor Gentechnik sowie den sofortigen Stopp des weiteren Ausbaus von Mega-Ställen.

Mit von der Partie: Ein Traktorenkonvoi mit mehr als 90 Traktoren. Die Aussage: Bürgerinitiativen können etwas bewirken. Sie hätten es unter anderem möglich gemacht, dass bundesweit mehr als 100 Mega-Ställe verhindert werden konnten, und dass Gentechnik auf den deutschen Äckern keinen Fuß gefasst habe. Alles in allem "Anfänge einer dringend notwendigen Agrarwende für eine Zukunft der Landwirtschaft in bäuerlicher Hand mit Rückhalt in der Gesellschaft", teilt die Initiative mit.

Das ist auch Ziel des 1995 gegründeten Uria-Vereins. Der Name geht auf den Vorfahren des heutigen Hausrinds, den Ur, zurück. Der Ostdorfer Landwirt Ernst Hermann Maier, berichtete über seine Erkenntnisse, dass neben dem artgemäßen Leben seiner Uria-Herde im freien Familienverbund auch die zur Bestandsregulierung notwendigen Schlachtungen so stattfinden, dass keine unnötigen Schmerzen, Angst und Panik für das Tier und seine Herdenmitglieder entstehen. Dazu werde auf den Transport lebender Rinder weitgehend verzichtet, und Maier lehnt nach wie vor die Kennzeichnung seiner Tiere mit den von der EU geforderten Ohrmarken ab. Stattdessen setzt er elektronische Transponder ein, die den Tieren nach der Geburt neben der Schwanzwurzel eingespritzt werden.

Um auf Schlachttiertransporte verzichten zu können, hat Maier die mobile Schlachtbox entwickelt, die es ermöglicht, dass die Rinder in gewohnter Umgebung getötet werden. Für dieses tierschonende Verfahren setzt sich Ernst Hermann Maier bereits seit 1986 ein. Aufgrund administrativer Hindernisse – es dauerte fast 15 Jahre, bis Maier für seine Schlachtbox eine Zulassung erhielt – waren diese Ziele und damit auch der Uria-Hof in seiner Existenz stark gefährdet. Für den Uria-Verein sei es wichtig, ihre Kräfte für einen neuen, würdevolleren Umgang mit Nutztieren zu bündeln. Das langfristige Ziel: die Abschaffung von Nutztiertransporten über weite Strecken. Die Zukunft liege in der Ernährungssouveränität auf Basis regionaler Märkte.

Mit der Aussage rannte Maier bei der Initiative offene Türen ein: Die Agrarpolitik der Bundesregierung habe dazu beigetragen, dass seit dem Jahr 2000 mehr als Dreiviertel der Schweinehalter aufgegeben hätten, während Fleischkonzerne zunehmend die Tierhaltung übernähmen, so die Aussage.

Trotz eines Selbstversorgungsgrads mit Fleisch von 120 Prozent würden weiter Mega-Ställe in Deutschland genehmigt. "Die Landwirtschaft in Deutschland braucht eine Zukunft jenseits von Tierfabriken und Mega-Schlachthöfen", so der Tenor. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht handle, zementiere sich eine agrarindustrielle Struktur, die nicht mehr veränderbar sei.