Nicht mit mir: Renate Sellner will ihren Gartenbaubetrieb nie und nimmer für den Bau des Zentralklinikums opfern. Foto: Ungureanu

Pflanzen-Center in Dürrwangen liegt mitten im Baugebiet für neues Zentralklinikum.

Balingen-Dürrwangen - "Ein zweites Mal lasse ich mich nicht vertreiben", sagt Renate Sellner. Auf ihrem großen Grundstück im Firstäcker 1 in Dürrwangen betreibt sie seit mehr als 40 Jahren ihr Pflanzen-Center mit Baumschule. Das Problem: Das Grundstück liegt mitten im Baugebiet fürs neue Zentralklinikum.

Zentralklinikum hin oder her, verkaufen will Renate Sellner nicht: "Wir gehen hier nicht weg", betont die 59-Jährige. "Wir weigern uns bis zum Schluss." Sie wolle sich nicht als Frau für dumm verkaufen lassen. "Es gibt noch für den Bau des Klinikums besser geeignete Grundstücke", betont sie. Zum Beispiel das Gebiet Kelleregert, Luftlinie keine drei Kilometer entfernt, auf der anderen Seite der Bundesstraße bei Weilstetten. Das, erinnert sie sich, sei bereits früher einmal als Klinik-Standort im Gespräch gewesen, "und die meisten Grundstücke dort gehören bereits der Stadt". Wenn es andere Grundstücke gebe, die geeignet seien, könne man sie nicht zwingen, zu verkaufen.

Pflanzen-Center ist Familienbetrieb

Was sie wurmt, ist die Art und Weise, wie sie von den Plänen fürs Zentralklinikum auf ihrem Grund und Boden erfahren hat: Zwei Herren von der Stadt seien vorbeigekommen und hätten ihr die fertige Planung gezeigt. Im Vorfeld habe sie niemand gefragt, was sie davon halte. Sie habe "nein" gesagt, und die Herren seien gegangen. Aber dann habe man sie zunehmend unter Druck gesetzt, "immer brutaler". Genaueres will sie nicht sagen. Nur so viel: "Sie sind mir ganz übel gekommen. Das grenzt an Rufmord."

Das hier sei ein Familienbetrieb, den man nicht so leicht aufgeben wolle. Ihr Sohn Michael, der gelernter Gärtner sei, wolle weitermachen, wenn sie in ein paar Jahren in Ruhestand gehe: "Etwas anderes kann er sich gar nicht vorstellen. Es ist unsere Existenz." Ein Stück Land könne man verkaufen, ein Landwirt könne auch anderswo pflügen. "Aber wenn das Geschäft drauf steht, hängt eine ganze Menge mit dran." Zum Beispiel das Becken mit zigtausend Liter Wasser, die Gebäude, das Pflaster. Und die Pflanzen: "Die kann man nicht einfach umsiedeln."

Schon einmal habe man das Geschäft schließen und anderswo neu anfangen müssen: In den 1970er-Jahren, sagt Renate Sellner, sei der Betrieb im Balinger Gewerbegebiet Auf Gehrn gewesen, dort, wo jetzt der Edeka-Markt fertiggestellt wird. Die Gewerbefläche habe man auf zehn Jahre gepachtet. Als der Pachtvertrag ausgelaufen sei, habe man für die Gärtnerei einen neuen Standort suchen müssen. Das Grundstück am Ortseingang von Dürrwangen, das ihr Mann von der Oma geerbt hatte, bot sich an. Ein weiteres wurde dazugekauft. "Wir hängen mit Herzblut dran", sagt sie. "Wenn man was kauft, macht man das für immer."

Gute Verkehrsanbindung an Bundesstraße

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2015 habe sie den Betrieb zusammen mit ihrem Sohn Michael und ihrer Schwägerin Gudrun Dehner weitergeführt. Jahre habe es gedauert, bis der Betrieb einen festen Kundenstamm aufgebaut hatte. Dabei habe sicherlich auch die Verkehrsanbindung geholfen: Der Betrieb ist von der Bundesstraße aus zu sehen.

Zwar habe man ihr angeboten, für ihr Grundstück mehr zu bezahlen als den anderen Eigentümern. Renate Sellner bleibt eisern: "Dafür kann ich bei den heutigen Auflagen nicht anderswo neu bauen." Außerdem gebe es kein anderes Grundstück, das sich für den Betrieb so gut eigne.

Mittlerweile zwei Verhandlungsrunden hat es von Seiten der Balinger Stadtverwaltung, die dabei im Auftrag des Landkreises handelt, mit den Grundstückseigentümern gegeben. In der zweiten Runde ist den Eigentümern mehr Geld geboten worden. "Einzelgespräche" seien noch notwendig, heißt es aus dem Rathaus. Verträge sind noch nicht unterzeichnet. Und laut Renate Sellner gibt noch mindestens einen weiteren Eigentümer, der nicht verkaufen wolle. "Man kann uns nicht in die Knie zwingen. Wir bleiben hart."

Der Verkauf von Bäumen und Stauden sei übrigens nicht das einzige Geschäft, sagt Renate Sellner: "Wir bekommen auch den Auftrag, eine Hecke zu schneiden oder einen Garten zu richten." Viele ältere Kunden könnten das allein nicht mehr tun. Und es sei ein schönes Gefühl, wenn die Kunden danach zufrieden seien. "Der Gartenbau ist das Herz unseres Betriebs. Wenn’s nicht mehr schlägt, hilft auch ein neues Zentralklinikum nicht."