Die Kirchengemeinderäte Peter Schwaibold und Elvira Himmeln sehen die Zukunft der evangelischen Kirchengemeinde Balingen-Ost in Gefahr. Warum, wird in einem Offenen Brief an alle rund 2500 Gemeindemitglieder geschildert. Foto: Hauser

In der evangelischen Kirchengemeinde Balingen-Ost rumort es. Kritik an Dekan Widmann.

Balingen - Es herrscht Unruhe in der evangelischen Kirchengemeinde Ost, der größten in Balingen. Auslöser ist das Vorhaben, die Umsetzung des für 2018 datierten Pfarrstellenplans um ein Jahr vorzuziehen. Der Kirchengemeinderat befürchtet erhebliche Nachteile und sieht die ganze Gemeinde gefährdet. Er hat daher einen Offenen Brief verfasst.

Darin erinnern die Räte an die "unsägliche Pfarrplanentscheidung" Ende 2012, nach der 2018 die Pfarrstelle in Balingen-Ost zwar bei 100 Prozent bleibt, aber auf zwei Personen aufgeteilt wird: Eine Hälfte wird von Pfarrerin Angelika Schoblocher übernommen – die anderen 50 Prozent soll sie in der ganzen Synode ableisten –, die andere Hälfte vom Heselwanger Pfarrer. "Wir als Gremium wurden von Anfang an nicht in diese Entscheidungsfindung einbezogen, sondern mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt. Gegenvorschläge unsererseits, die tatsächlich eine Einsparung hätten bedeuten können, wurden nicht wahrgenommen", führen die Räte an.

Und nun das: Wie die Kirchengemeinderäte berichten, haben sie erfahren, dass die Umsetzung des "ohnehin problematischen Pfarrplans" in Balingen-Ost bereits zum 1. Januar 2017 vollzogen werden soll. Die Räte empören sich nicht nur darüber, sondern auch über die Vorgehensweise: "Offiziell sind wir als Gremium nicht informiert." Dabei hätte das Gremium das "kirchliche Recht", bei der Wahl der Pfarrer einbezogen zu werden, wie die stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Elvira Himmeln, im Gespräch zudem betont.

Und Kirchengemeinderat Peter Schwaibold fürchtet gar um die Existenz der Kirchengemeinde Balingen-Ost, weil es in absehbarer Zeit keine Gottesdienste mehr im Gemeindehaus geben soll. Zudem seien Bestrebungen im Gange, dieses auch ganz aufzulösen: "Balingen-Ost wird bald verschwunden sein", ist sich Schwaibold sicher.

Gewünscht hätten sich die Kirchengemeinderäte, "dass die Kirchenleitung die nötigen Einschnitte gerecht und nachhaltig vornimmt", heißt es im Brief weiter. "Leider" müssten sie nun feststellen, "dass in Balingen eine lokale Kirchenpolitik betrieben wird, die diesen Ansprüchen diametral entgegengesetzt ist: Einzelne Teilgemeinden schaffen in Geheimverhandlungen neue Strukturen. Im Kampf um Besitzstanderhaltung sollen Pfarreigrenzen verschoben werden. Unsere Pfarrei – die größte Teilgemeinde von Balingen – bietet sich offenbar als ideales Schlachtfeld an", heißt es in dem Offenen Brief.

An die Adresse von Dekan Beatus Widmann gerichtet, schreiben sie: "Statt hier für einen tragfähigen Konsens mit Hilfe eines fairen Konfliktmanagements zu sorgen, greift der Dekan immer wieder, unter Missachtung seiner Sorgfaltspflicht, zu Maßnahmen, die unsere Situation nur noch verschlimmern. Hier werden willkürliche Entscheidungen in autoritärer Haltung auf dem Rücken unserer Gemeinde getroffen unter Missachtung und Übergehung der gewählten Vertreter."

Das wollen diese sich nicht länger gefallen lassen, zumal "unsere Klärungsversuche beim Oberkirchenrat leider auch nicht erfolgreich sind und es für uns ganz offensichtlich ist, dass die Kirchenleitung möglichst schnell Fakten schaffen will". Die Kirchengemeinderäte halten daher fest: "Wir sind über eine solche Vorgehensweise empört." Und weiter: "Wir fordern dringend, dass die Verantwortlichen im Dekanat und in der Kirchenleitung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber unserer Pfarrerin, uns Kirchengemeinderäten und allen Mitgliedern der Kirchengemeinde Genüge tun." Sie sähen sich nicht mehr in der Lage, "unser Amt als gewählte Vertreter der Kirchengemeinde Balingen-Ost wahrnehmen zu können, weil ein sinnvolles Arbeiten, Handeln und Entscheiden ohne konkrete Antworten und Informationen nicht möglich ist."

"Deshalb werden wir unser Mandat ruhen lassen, bis mit uns ernsthafte Gespräche geführt worden sind", so die Konsequenz der Kirchengemeinderäte. Sie fordern einen "Mediationsprozess", wie es Schwaibold formuliert. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, werden nun auch Unterschriftenlisten ausgelegt.