Die Rad-Scheuer: Das historische Gebäude ist laut Denkmalamt kein Denkmal. Foto: Maier

Denkmalpflege erkennt für das geschichtsträchtige Gebäude nach intensiver Prüfung keine Schutzwürdigkeit.

Balingen - Freiliegendes Fachwerk, fast 200 Jahre alt, ein Ort mit großer Tradition – aber nicht schutzwürdig: Die zum ehemaligen Gasthaus Rad gehörende Scheuer an der Wilhelm-Kraut-Straße in Balingen kann abgerissen werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Referat Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Tübingen.

Die Denkmal-Fachleute hätten die Scheuer bei einem Vor-Ort-Termin "intensiv" in Augenschein genommen, erklärt Stadtplaner Michael Wagner im Gespräch mit unserer Zeitung. Das war notwendig geworden, nachdem der Eigentümer, Bernd Fuoß, ein Abbruchgesuch gestellt hatte und weil die Scheuer mit einem Prüfvermerk in der Denkmalliste geführt wurde. "Mittelfristig" soll anstelle der Scheuer ein Neubau entstehen (wir berichteten). Dieser Weg ist durch das Ergebnis der Prüfung nun definitiv frei. Die Denkmalschützer haben keine Einwände gegen den Abriss, oder, andersherum formuliert: Sie sehen keine Gründe, warum die Scheuer erhalten werden sollte.

Zum einen habe es, erläutert Wagner, an dem Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Veränderungen gegeben, sodass die Originalbausubstanz ohnehin nur noch in Teilen erhalten sei. Zum anderen sei eine Erhaltung "wirtschaftlich nicht darstellbar", sprich: zu teuer. Die Scheuer sehe von außen zwar ganz passabel aus, so Wagner, innen aber sei sie in einem verheerenden Zustand. Aktuell sei sogar die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet. Das alles habe die Fachleute des Regierungspräsidiums zum Schluss kommen lassen, dass eine Denkmalwürdigkeit nicht gegeben sei.

Die Scheuer war laut Hausblatt des Balinger Stadtarchivs im Jahr 1829 als zweigeschossiges Hintergebäude des Gasthauses Rad erbaut worden. Darin befand sich die Bierbrauerei und die Schnapsbrennerei. 1862 wurde ein Stall angebaut, mit Kühlhaus und einem Pultdach. Im Jahr 1872 dann wurde ein freistehender zweistockiger Schuppen mit Riegelwänden und Giebeldach hinzugefügt, auf Sockel mit gewölbtem Keller. Im Jahr 1900 kam ein Schweine- und Geflügelstall dazu. Als Eigentümer aufgeführt sind die Wirte Georg Schuler (1829 bis 1833), Jakob Miller (1833 bis 1835) und Georg Sting (1835 bis 1851), dann der Bierbrauer Jeremias Rehfuß (1851 bis 1880). Als erster Rad-Wirt genannt ist dessen Sohn Jakob Rehfuß (1880 bis 1905), ehe die Familie Kipp Gaststätte und Brauerei übernahm. Das "Rad" betrieben die Kipps fast ein Jahrhundert lang bis ins Jahr 2000 hinein. Anstelle der Gaststätte war vor zwei Jahren ein neues Geschäfts- und Wohnhaus errichtet worden.

Derweil wird die Wilhelm-Kraut-Straße in den nächsten Jahren ihr Gesicht weiter verändern: Der Gemeinderat hat im April das Verfahren für einen neuen Bebauungsplan eröffnet, mit dem die künftige Bebauung geregelt werden soll. Entlang der Wilhelm-Kraut-Straße sollen demnach künftig Gebäude mit drei Geschossen, zur Eyach hin mit zwei Geschossen gebaut werden dürfen. Außer der Rad-Scheuer werden damit auf absehbare Zeit wohl die Schuppen und kleingliedrigen Gebäude an der Eyach verschwinden.