Nur noch ein Haufen Blech: der Chevrolet der 57-jährigen Albstädterin nach dem Frontalcrash. Die Frau erlag kurze Zeit später im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen. Foto: Maier

29-jähriger Beifahrer will sich an nichts mehr erinnern. Berufungsverhandlung vor dem Hechinger Landgericht.

Hechingen/Balingen - Vor dem Hechinger Landgericht hat am Montag die Berufungsverhandlung gegen einen 29-jährigen Albstädter begonnen, der im April 2018 wegen fahrlässiger Tötung zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er hatte auf der B 463 nahe Weilstetten einen Unfall mit einer Toten und fünf Verletzten verursacht.

Zur Erinnerung: Der damals 27 Jahre alter Mann aus Albstadt war zusammen mit einem Kumpel um die Mittagszeit des 18. November 2016 vom Fitness-Studio in Balingen kommend in Richtung Albstadt unterwegs. Sie wollten sich in Lautlingen mit einem Freund zum Mittagessen treffen. Auf der zweispurigen B 463 zwischen der Ausfahrt Frommern und Weilstetten kam er mit seinem PS-starken blauen Golf R ins Schleudern. Der Wagen geriet auf die Gegenfahrbahn und rauschte in den Chevrolet einer 57-jährigen Albstädterin. Durch den Zusammenprall wurde der Motorblock des Golf herausgerissen und gegen ein weiteres Auto geschleudert. Auf dieses fuhr wiederum ein Auto auf. Zwei weitere Wagen wurden in den Unfall verwickelt. Insgesamt gab es bei der Kollision fünf Verletzte, zwei davon schwer. Die 57-jährige Chevrolet-Fahrerin wurde mit schwersten Verletzungen in eine Klinik geflogen, wo sie am späteren Nachmittag starb.

Wegen fahrlässiger Tötung wurde der Mann im April 2018 vom Balinger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten sowie einem dreimonatigen Führerscheinentzug verurteilt. Dagegen legte er Berufung ein, sodass der Fall nun vor dem Hechinger Landgericht neu aufgerollt wird.

Streitpunkt bleibt weiterhin die Unfallursache

Streitpunkt ist – wie schon in der vorhergegangenen Verhandlung – die Unfallursache. Das Balinger Amtsgericht war davon ausgegangen, dass der Mann zu schnell auf nasser Straße unterwegs gewesen war und deswegen beim Überholen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte. Der 29-Jährige hingegen behauptete, von einem schwarzen Golf bedrängt worden zu sein. Dieser habe ihn schließlich touchiert und so auf die Gegenfahrbahn gedrängt.

Am Montag wurden eine Reihe von Zeugen vernommen, darunter auch der Fahrer des schwarzen Golf. Der wiederum berichtete von einer Öllache am Unfallort und verwahrte sich gegen die Unterstellung, er habe den Angeklagten genötigt.

Der 29-Jährige Beifahrer des Unfallverursachers wies bei seiner Befragung vor Gericht deutliche Gedächtnislücken auf, wollte sich an vieles, was er ursprünglich bei der Polizei angegeben hatte, nicht mehr erinnern. Auch nicht daran, dass er seinen Freund gemahnt haben wollte, langsamer zu fahren, und dass er ihn auf drohendes Aquaplaning hingewiesen habe. Vielmehr gab er nun zu Protokoll, er habe vor dem Unfall "einen Ruck gespürt".

"Sie sagen heute exakt dasselbe wie der Angeklagte", warf ihm der Vorsitzende Richter Volker Schwarz vor und wies in aller Deutlichkeit auf die Folgen einer Falschaussage hin. Dies hatte jedoch nur den Effekt, dass der Zeuge sich nun an gar nichts mehr erinnerte: "Das ist ja ewig lang her." Zudem wisse er nicht mehr, was er im Zusammenhang mit dem Unfall erlebt habe und was ihm im Nachhinein erzählt worden sei.

Markanter Golf hatte offenbar weitere Autofahrer genötigt

Ein weiterer Zeuge hatte sich am Tag nach dem Unfall gemeldet, nachdem er das Auto des Unfallverursachers in der Zeitung gesehen hatte. Dieses habe einen Tag vor dem tödlichen Zusammenstoß auf derselben Strecke plötzlich vor ihm ausgeschert, so dass er abrupt bremsen musste, sagte er. Ein weiterer Zeuge gab an, von dem markanten, mit Breitreifen bestückten blauen Golf R den er ebenfalls in der Zeitung gesehen hatte, genötigt worden zu sein.

Die Verhandlung vor dem Hechinger Landgericht wird am Mittwoch, 30. Januar, um 9 Uhr mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt.