Dass sich die SPD für eine Stärkung Europas einsetze, habe ihn überzeugt. Die Bildungs- und Sozialpolitik wolle er vorantreiben, Innovation und Digitalstrategie. Das, was man in Europa gemeinsam erreicht habe, sei nicht selbstverständlich – unter anderem die einheitlichen Roaming-Gebühren für Handy-Nutzung oder der Verbraucherschutz: "Europa prägt unseren Alltag mit."
Klar sei auch viel Bürokratie dabei, meint er, und erinnert schmunzelnd an die Krümmung der Gurken und die Brennbarkeit der Nachtwäsche. Auch Lobbyismus sei häufig im Spiel. Etwa bei der Diskussion um den Einsatz von Glyphosat. Aber Demokratie dürfe nicht verkauft werden. Die Menschen würden zuweilen die vielen Auflagen und Einschränkungen kritisieren: "Sie sehen nur, was von ihnen verlangt wird, und vergessen dabei, was ihnen alles erspart bleibt." Sie fühlten sich von der Politik im Stich gelassen. Das sei Wasser auf die Mühlen der Populisten und Nationalisten. "Wir dürfen Europa nicht diesen Menschen überlassen."
Er selbst ist viel in der Arbeitswelt unterwegs und weiß: "Die EU sichert die Standards, die Rahmenbedingungen, die Entlohnung, den Wettbewerb und die Arbeitssicherheit." Sein Wunsch: ein europaweiter Mindestlohn. Dass wirtschaftliche Fragen auf EU-Ebene, soziale Fragen hingegen auf Ebene der Mitgliedsstaaten entschieden werden, führe zu Konflikten.
Frühkindliche Erziehung – zum Beispiel bezahlbare Krippenplätze – sei in anderen Ländern selbstverständlich. Aber der Versuch, es in die Leitlinien der Landesregierung zu bekommen, sei gescheitert. "Der Bereich ist extrem wichtig, wenn es um die Zukunft geht."
Ökologische Landwirtschaft müsse stärker gefördert werden, sagt Heidtmann, der Sohn eines Landwirts ist: "Ich kann nicht verstehen, dass sich der Bauernverband nur für die Großen einsetzt, anstatt für die kleinen Familienbetriebe."
Weiteres großes Thema: der Frieden in Europa. 1976 sei er zum ersten Mal damit konfrontiert worden: Innerhalb des Schüleraustauschs sei ein französischer Austauschpartner nach Deutschland gekommen. "Meine Mutter wollte ihn zunächst nicht ins Haus lassen. Für sie waren die Franzosen immer noch die Erbfeinde."
Freizügigkeit, Binnenmarkt – alles nicht selbstverständlich. Man müsse etwas dafür tun, "dass es weitergeht". Um das auch jüngeren Menschen klar zu machen, hat Heidtmann ein kleines Buch im Manuela Kinzel Verlag veröffentlicht. "Eine Seele für Europa", heißt es. Es ist ein "Plädoyer für eine neue europäische Leidenschaft". Der Titel erinnert an den Satz des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors nach dem Fall des Eisernen Vorhangs: "Wir müssen Europa wieder eine Seele geben."
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