Pater Augusty Kollamkunnel ist der Chef des katholischen Dekanats Balingen. Seine Wahl am Donnerstag bedeutet eine historische Wegmarke: Zum ersten Mal in der Geschichte des Dekanats, der Diözese Rottenburg Stuttgart, wohl deutschlandweit ist ein ausländischer Priester zum Dekan gewählt worden. Foto: Maier

46-Jähriger schreibt Geschichte - erster katholischer Dekan mit ausländischen Wurzeln.

Balingen - Vom Stellvertreterposten an die Spitze: Pater Augusty Kollamkunnel O. Praem ist neuer Dekan des katholischen Dekanats Balingen. Der 46-Jährige ist am Donnerstagabend in der Balinger Kirche Heilig Geist in diese Position gewählt worden – es handelt sich um eine historische Wegmarke.

Zur Dekanewahl unter der Leitung von Bischofsvikar Domkapitular Uwe Scharfenecker waren 50 Personen aufgerufen – neben Pfarrern und pastoralen Mitarbeitern auch Laien und Vertreter kirchlicher Institutionen. 34 von ihnen gaben ihre Stimme ab. Kollamkunnel, der einzige Kandidat, erhielt eine breite Mehrheit von 29 Ja-Stimmen. Kollamkunnel war damit zum neuen Dekan gewählt. Der 46-Jährige erklärte, die Wahl annehmen zu wollen. Förmlich ernannt werden wird er vom Rottenburger Bischof Gebhard Fürst.

Seit 2004 in Deutschland

Kollamkunnel machte zudem auf die besondere Bedeutung der Wahl seiner Person aufmerksam: "Wir haben heute Geschichte geschrieben", sagte er. Zum ersten Mal in der Historie des Dekanats, der Diözese, seines Wissens nach sogar deutschlandweit sei ein ausländischer Priester zum Dekan gewählt worden. Kollamkunnel stammt aus der Gemeinde Iritty im indischen Bundesstaat Kerala. Nach Philosophie- und Theologiestudium ist er seit 2004 in der Diözese Rottenburg-Stuttgart tätig – zunächst in Ellwangen, dann im Landkreis Sigmaringen.

Seit Ende 2011 leitet er die Seelsorgeeinheit Am Kleinen Heuberg; seit 2016 war er zudem als stellvertretender Dekan im Dekanat Balingen tätig, dem 26 Gemeinden im Raum Albstadt, Großer Heuberg, Balingen, Kleiner Heuberg und Schlichemtal angehören. Nachdem Dekan Anton Bock im Dezember 2019 nach Freudenstadt gewechselt war, wo er am Mittwoch zum neuen Dekan gewählt wurde, fungierte Kollamkunnel als kommissarischer Leiter des Dekanats Balingen, eines von 25 der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Kollamkunnel dankte seinem Vorgänger Bock: Er habe das Glück gehabt, drei Jahre sein Stellvertreter sein zu können und dabei einiges gelernt. Er freue sich auf die neue Aufgabe und auf die Zusammenarbeit mit den Menschen. Dekanate sind eingerichtet zur Unterstützung des Bischofs bei der Leitung der Diözese sowie zur Förderung der Seelsorge vor Ort. Dekane leiten das Dekanat im Auftrag des Bischofs und sind in ihrem Bezirk die Vorgesetzten der Pfarrer.

Stellvertreter gesucht

Uwe Scharfenecker gratulierte dem neuen Dekan und wünschte ihm viel Glück und Erfolg. Kollamkunnel habe den Vorteil, die Aufgaben eines Dekans bereits kennengelernt zu haben. Er selbst, so Scharfenecker, habe diese Aufgabe auch einmal ausgeübt – "das erste Jahr war furchtbar, danach wurde es schön".

Scharfenecker appellierte zudem eindringlich an die Pfarrer des Dekanats: Einer von ihnen solle sich als Stellvertreter zur Verfügung stellen: "Für einen allein ist es schwierig." Bisher hat sich niemand für diesen Posten gefunden. Diese Aufgabe bringe sicherlich mehr Arbeit mit sich, sei aber auch erfüllend, so Scharfenecker – und deutlich mehr als ein reiner "Verwaltungsjob".

Dass es mit Kollamkunnel nur einen Kandidaten gab und für den Stellvertreterposten gar keinen, wertete Hubert Gulde, Bezirksvorsitzender des Kolpingwerks, als Spiegelbild der Lage und des aktuellen Dilemmas der katholischen Kirche. Priester seien heute oft "Manager" und überhaupt stark überlastet. Das sei ein strukturelles Problem, so Gulde. Indirekt rief er dazu auf, Laien und vor allem Frauen mehr Verantwortung zu übertragen.