Die Uria-Rinder von Familie Maier leben im freien Familienverbund – und tragen keine Ohrmarken. Foto: Ungureanu

Landwirtschaftsministerium nimmt Stellung zum aktuellen Vorstoß von "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier.

Balingen/Stuttgart - Auf unseren gestrigen Bericht über den "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier, der sich hartnäckig weigert, seine Rinder mit gelben Ohrmarken zu versehen, und der jetzt Unterstützer sucht, die ein Protestschreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landwirtschaftsminister Alexander Bonde unterschreiben, meldet sich das Ministerium für Ländlichen Raum zu Wort: Ministerpräsident Kretschmann und Minister Bonde seien die falschen Adressaten, heißt es in der Stellungnahme: "Die richtigen Adressaten für das Protestschreiben sitzen in Berlin und Brüssel."

Das Land habe sich in den vergangenen Jahren mehrfach beim Bund und auf europäischer Ebene für eine alternative Kennzeichnungsmethode eingesetzt – "bislang allerdings ohne Erfolg", wie Pressesprecherin Denise Burgert schreibt.

So habe die Bundesrats-Initiative Baden-Württembergs zum Thema Ohrmarken – angeregt wurden eine Änderung der Verordnung zur elektronischen Kennzeichnung von Rindern und die Streichung der Bestimmungen über die freiwillige Etikettierung von Rindfleisch – im Bundesrat keine Mehrheit gefunden.

Den Antrag und die Protokollerklärung (die unserer Redaktion vorliegen) habe Minister Bonde im Bundesrat eingebracht. Lediglich drei Länder hätten dafür gestimmt: Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Eine deutliche Mehrheit der Bundesländer teile die Ansicht nicht, dass die Ohrmarkenkennzeichnung ein tierschutzrechtliches Problem darstelle. Das Einstanzen der Plastik-Schilder werde hinsichtlich der Transparenz und Rückverfolgbarkeit als "angemessen" erachtet.

Auf EU-Ebene seien bereits 2014 mögliche Änderungen bei der Kennzeichnung von Rindern diskutiert worden. Das Ergebnis: "Eine ausschließliche elektronische Kennzeichnung unter Verzicht auf eine sichtbare Ohrmarke ist nach dem Beschluss des EU-Parlaments weiterhin nicht zulässig." Nach geltendem EU- und Bundesrecht sind für Rinder zwei Ohrmarken zwingend vorgeschrieben. Die zuständige Untere Veterinärbehörde – mit anderen Worten das Landratsamt – habe nach Auskunft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft auch künftig keinen Ermessensspielraum, eine alternative Kennzeichnung zuzulassen.

Wegen der EU-Vorgaben bestehe bei Nichteinhaltung die Gefahr, dass auf das Land Baden-Württemberg hohe Strafzahlungen zukommen, wird in dem Schreiben des Ministeriums argumentiert: "Auch aus diesem Grund haben die zuständigen Behörden derzeit keinen Ermessensspielraum bei der Frage der Rinderkennzeichnung."

Dennoch setze sich Minister Bonde in einem aktuellen Schreiben an den EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, erneut dafür ein, dass die EU-Verordnung zur elektronischen Kennzeichnung von Rindern ergänzt werde, "damit die zuständigen Behörden bei Betrieben mit extensiver oder alternativer Tierhaltung Ausnahmen von der Ohrmarkenpflicht zulassen und Transponder als einziges Kennzeichnungsmittel anerkennen können".

Vorläufiges Fazit des Ministeriums: "Von 19 000 Rinderhaltern im Land weigert sich ein Betrieb, dieser Rechtspflicht nachzukommen. Folgte man Herrn Maiers Argumentation, wären 99 Prozent aller Biobetriebe Tierquäler."

Ernst Hermann Maier bleibt eisern: An seine Tiere, die mit fälschungssicheren elektronischen Transpondern gekennzeichnet sind, wird nichts angetackert: "99 Prozent aller Betriebe haben Probleme mit Ohrmarken. Nur ich habe keine", sagt er.