Ab damit in den Kanal: So lautete laut Anklage jahrelang die Devise eines Balinger Entsorgungsunternehmers. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder Bote

Justiz: Verhandlung gegen Unternehmer aus Balingen und dessen Angestellten / Es drohen wohl nur noch Bewährungsstrafen

Vor dem Hechinger Amtsgericht ist am Freitag der Prozess gegen zwei Angeklagte neu aufgerollt worden, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, Müll im großen Stil illegal entsorgt zu haben. Alle Prozessbeteiligten signalisierten dabei Bereitschaft, sich im Falle von Geständnissen auf Bewährungs- und Geldstrafen zu einigen.

Hechingen/Balingen. Vor dem Hechinger Amtsgericht sind erneut zwei Männer angeklagt, denen vorgeworfen wird, als Kanal- und Umwelt-Service-Firma Fäkalien sowie Öl und Fett illegal in die Kanalisation verklappt und umweltgefährdende Stoffe ungenügend gelagert haben. Dadurch sollen sie nicht nur die Umwelt massiv geschädigt, sondern sich auch noch zigtausende Euro ergaunert haben – strafbar als Betrug.

Laut Anklage sollen die Männer als Geschäftsführer sowie als Angestellter der in Balingen und Bisingen ansässigen Firma in mehr als 200 Fällen Fäkalien und Fettabscheiderinhalte an verschiedenen Orten – etwa in Randegg, Singen, Gottmadingen, nahe Donaueschingen und in Böhringen – einfach in die öffentliche Kanalisation abgepumpt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft handelte es sich zumeist um Mengen bis etwa zehn Kubikmeter.

Zudem sollen sie in Bisingen im Gewerbegebiet Hinter Stöck einen Lagerplatz unterhalten haben, auf dem sie im Juni 2015 rund 18 Kubikmeter ölhaltige Abfälle über die Entwässerungsrinne in den dort vorhandenen, dafür jedoch laut Anklageschrift nicht zugelassenen und nicht geeigneten Ölabscheider verbrachten. Die Folge: Die ölhaltige Flüssigkeit gelangte in die Kanalisation und floss in die Bisinger Kläranlage sowie ins Regenüberlaufbecken "Im Kloster".

Im Gebiet Hinter Stöck hätte das Unternehmen eigentlich keine Abfälle lagern dürfen – zwischen April 2014 und Juni 2016, als die Kontrolleure anrückten, hatten die Mitarbeiter gleichwohl mehrere, wie sich herausstellte undichte Muldencontainer regelmäßig mit ölhaltigen Flüssigkeiten und Schlämmen befüllt. Die Stoffe gelangten aus den undichten Behältnissen über die Hofentwässerung direkt in den Abwasserkanal.

Ähnlich soll es sich auch in Singen zugetragen haben: Laut Anklage unterhielt das Entsorgungsunternehmen dort mindestens seit 2011 einen weiteren Lagerplatz – der von Wasserschutzgebieten umgeben ist. Eine Genehmigung, dort Abfälle zu lagern, bestand nicht; das Landratsamt Konstanz hatte mit Bescheid vom Dezember 2014 die weitere Lagerung von Kanalspülgut sogar ausdrücklich untersagt. "Das erfordliche In- und Output-Register", heißt es in der Anklageschrift, "führten die Angeschuldigten für den Betriebsstandort bewusst nicht" – und lagerten auf dem Gelände weiterhin bis April 2017 Abfälle in nicht wasserdichten und offenen Containermulden, ehe dann die Ermittler anrückten.

Bereits im Mai hatte die Strafkammer des Hechinger Amtsgerichts unter dem Vorsizt von Richter Wührl das Verfahren gegen die Angeklagten eröffnet (wir berichteten). Angeklagt waren damals neben neben dem Geschäftsführer und dem Mitarbeiter zwei weitere Angestellte sowie die Inhaberin des Unternehmens; die Verfahren gegen diese drei wurde gegen Auflagen eingestellt.

Gegen die beiden Männer wird nun neu verhandelt, weil der Prozess zu lange unterbrochen war. Im Gegensatz zu vor einem halben Jahr, als Richter Wührl bei einem Sondierungsgespräch noch Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten für die beiden Angeklagten in den Raum gestellt hatte, fallen die Forderungen jetzt moderater aus. Nach einem Verständigungsgespräch aller Beteiligter geht es nun – Geständnisse der Angeklagten vorausgesetzt – um Bewährungsstrafen von eineinhalb Jahren. Die Angeklagten könnten somit als freie Männer den Gerichtssaal verlassen. Zudem sollen noch Geldstrafen anfallen, über deren Höhe sich das Gericht jedoch noch nicht festlegen wollte.

  Die Verhandlung vor dem Hechinger Amtsgericht wird am Mittwoch, 7. November, um 8.30 Uhr fortgesetzt.