Mit symbolischen Schokoladentalern als Sinnbild für eine Spende in den Topf der Streetworker bedankt sich Lions-Präsidentin Simone Mehrer (rechts) bei Nadine Hempke. Foto: Thiercy Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Die Balinger Streetworkerin gibt Einblick in ihren Alltag / "Jeder junge Mensch kann etwas"

Balingen. "Manchmal braucht es eben doch die Polizei", sagt Nadine Hempke. Die Streetworkerin glaubt dennoch an die Talente der Jugendlichen: "Ich verlasse mich immer auf mein Bauchgefühl."

Sie gab nun auf Einladung des Lionsclubs Balingen Hilaritas Einblicke in ihren Alltag. Und schwärmte von der Dirtbike-Strecke in Frommern. Ein Projekt, das sich Jugendliche ausgedacht haben. "Und das auch mein Lieblingskind ist", sagt Hempke.

Dennis hat im Leben noch nichts hinbekommen. Es läuft bislang weder in der Schule noch zu Hause. Nun aber gibt es die Dirtbike-Strecke, beim DFB-Stützpunkt in Frommern gelegen. Sie ist Anziehungspunkt für Biker, die sogar aus Tübingen kommen. Beim Bau hat Dennis kräftig mit angepackt, war voller Leidenschaft am Werk. "Da hat er endlich etwas entdeckt, was er kann und mag", berichtet Hepke.

Mit ungeahntem Erfolg: Einer der Sponsoren, ein Bauunternehmer, der selbst seine Freizeit und Arbeitskraft in die Strecke eingebracht hatte, hat dem jungen Mann einen Ausbildungsplatz angeboten.

Seit 2011 ist die Sozialpädagogin, die aus Berlin-Kreuzberg stammt, in Balingen unterwegs. Angestellt ist sie bei den Mariaberger Heimen und Regionalleiterin für die Landkreise Zollernalb und Reutlingen. Bis vergangenen Monat wurde sie von Mike Buck unterstützt. Nach dessen Wechsel in die Suchthilfe steht der Nachfolger schon in den Startlöchern. Wer? Das darf sie noch nicht verraten, der neue Kollege ist noch anderswo beschäftigt.

"Jeder junge Mensch kann etwas", ist sich Nadine Hempke sicher. Auch wenn manchmal Frust aufkommt, wenn mehrfach vereinbarte Termine nicht eingehalten werden. Sie ist sich sicher, dass es für den Jungen oder das Mädchen einen Grund gibt: "Wir halten das aus." Auch das gehört zum Beruf, der für sie Berufung ist.

Und klar gibt es auch mal Zoff. Als fast 70 Jugendliche Abend für Abend auf der Wiese beim Jugendhaus eine Party feierten, laut waren und Müll hinterließen, halfen die guten Appelle der Streetworker nichts. "Manchmal braucht es eben doch die Polizei." Und auch null Toleranz: Zerbrochene Wodkaflaschen im Pausenhof einer Grundschule sind für die Berlinerin ein Ding der Unmöglichkeit.

Streit mit den Eltern, Drogen, Ärger in der Schule, Liebeskummer – es gibt viele Probleme, mit denen sich junge Menschen an die Jugendarbeiterin wenden. Sie betreut Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 27 Jahren. Sie spricht sie auf der Straße an – Bauchgefühl eben – oder die Kids kommen zu den Aktionen des Jugendbüros. Der Nightsport zum Beispiel, bei dem einmal im Monat die Kreissporthalle von 18 bis 23 Uhr geöffnet wird und jeder sich auspowern kann: Fußball, Trampolin, Parcours.

Hempke nimmt die Sorgen, aber auch die Wünsche der Jugendlichen ernst. Sie ruft sie dazu auf, ihre Ideen einzubringen. So entstand zum Beispiel in Ostdorf ein Fitnesspark. Genauso, wie die Jugendlichen ihn wollten. Skeptisch war sie deswegen, weil die Stadt hinter dem Busbahnhof den Jugendplatz – genannt "Bunker" – ohne Beteiligung der Zielgruppe gebaut hat. Aber: Die Holzbänke wurden noch nicht mit Farbe verschmiert. Dass die beiden Unterstände schon in der ersten Nacht mit hässlichen Graffiti versaut wurden, "fanden die Jugendlichen selbst blöd". Im Sommer sollen Profikünstler die Häuschen wieder schick machen. Ende Mai steht wieder eine Aktion im Rahmen der Alkoholpräventionswoche auf Hempkes Agenda.

Am Wahlsonntag werden die Streetworker mit Sofa, Tischkicker und Musikinstrumenten auf dem Marktplatz sein. Wie immer ist ihr Job: Zuhören, hinschauen, Kontakte knüpfen.