Historische Aufführungspraxis in höchster Sensibilität zeigt das Ensemble in der Medarduskirche. Foto: Meinert Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Ensemble "Gradus ad Parnassum" zeigt facettenreiches und ausdrucksstarkes Zusammenspiel

Balingen-Ostdorf. Der Parnass ist ein Berg in Griechenland und gemäß der griechischen Mythologie der Sitz der Musen. "Gradus ad Parnassum", der Aufstieg zum Parnass, ist der Titel eines 1725 erschienenen Werkes der Musiktheorie von Johann Joseph Fux und zugleich Namensgeber für das hochkarätige Sextett, das zusammen mit der Sopranistin Margaret Hunter in der Ostdorfer Medarduskirche ein 80-minütiges Konzerterlebnis geboten hat.

Die Mitglieder des Ensembles haben die historische Aufführungspraxis studiert und spielen auf Instrumenten, die nach Vorbildern aus dem Barock gebaut wurden. Dies soll eine authentische Wiedergabe der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts ermöglichen.

Schon bei den ersten Tönen des "Concerto in C-Dur für Oboe und Streicher" von Evaristo Felice Dall’Abaco spürte man die Spielfreude der Musiker. Das international besetzte Ensemble mit Justyna Skatulnik und Antonio de Sarlo (Violine), Francesca Venturi (Viola), Felix Thiedemann (Cello), Georg Staudacher (Cembalo) und Roberto de Franceschi (Oboe) ist hervorragend eingespielt.

Die virtuosen Kadenzen der Solo-Oboe erhielten durch die begleitenden Instrumente einen agogischen Freiraum, der es dem Solisten ermöglichte, die vier Sätze des Concertos in berührender Weise zu gestalten. Man merkte den Ausführenden an, dass hier nicht Musik "heruntergespielt" wird, sondern im Moment der Ausführung jedes Mal neu entsteht.

Beim zweiten Werk, dem ebenfalls viersätzigen "Concerto a 4 in d-moll" von Georg Philipp Telemann dominierte die Viola in ihrer tiefen Lage. Im weiteren Verlauf wandelte sich die Stimmung von "betrübt" zu "erleichtert" und bot dem Ensemble Gelegenheit, die Bandbreite seiner musikalischen Ausdruckskraft zu zeigen.

Die Arie "Meine Seele hört im Sehen" aus den "Neun deutschen Arien" von Georg Friedrich Händel für Sopran, Oboe und Basso Continuo wurde von der Sopranistin Margaret Hunter in barocker Singweise vorgetragen, die sich durch eine starke Differenzierung zwischen betonten und unbetonten Taktzeiten auszeichnet und durch die fast instrumental gestaltete Stimmführung einen ausdrucksstarken, tänzerischen Duktus entstehen lässt. Zugleich geriet die Arie zu einem stimmungsvollen und intimen Dialog zwischen Singstimme und Oboe, dem sich das Continuo stets gefühlvoll anpasste.

Bei der Triosonate "La Folia" von Antonio Vivaldi handelt es sich um 20 Variationen über ein 16-taktiges Motiv, das als "Schlagermotiv" der Barockzeit Basis für zahlreiche Kompositionen wurde. Hier standen die beiden Violinen und das Cello, teilweise begleitet durch das Cembalo, im Vordergrund. Justyna Skatulnik, Antonio de Sarlo und Felix Thiedemann begeisterten durch ein nahezu blindes Zusammenspiel und verliehen jeder Variation einen eigenständigen Charakter.

Das Hauptwerk des Konzertes, die Kantate "Mein Herze schwimmt im Blut" von Johann Sebastian Bach wurde von den Ausführenden mit Dramatik gestaltet. Die aus vier Rezitativen, drei Da-capo-Arien und einem Choral bestehende Kantate ist mit ihren wechselnden Instrumentalbesetzungen ein Werk, das eine große Bandbreite barocker Kompositionsstile in sich vereint und hohe Anforderungen an die Ausführenden stellt. "Gradus ad Parnassum" überzeugte auch hier durch ein facettenreiches und ausdrucksstarkes Zusammenspiel.