Bundestagswahl: Thomas Zawalski und Johannes Kretschmann wetteifern um Kandidatur für die Grünen

Mit zwei ungleichen Bewerbern wollen Bündnis ’90/Die Grünen in den Landkreisen Zollernalb und Sigmaringen ihren Mitgliedern eine Wahl bieten, wenn es um die Kandidatur für den Bundestag 2021 geht. Thomas Zawalski und Johannes Kretschmann wollen rein.

Zollernalbkreis. Zwei Kandidaten, zwei Generationen: Thomas Zawalski aus Balingen und Johannes Kretschmann aus Sigmaringen bewerben sich um die Bundestagskandidatur des Wahlkreises Zollernalb/Sigmaringen bei der Wahl 2021 und haben in einer virtuellen Pressekonferenz am Dienstag ihre Beweggründe dargelegt. Wobei Kretschmann, der Sohn des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, nicht mit seinem Namen, sondern mit eigenen Ideen punkten will, wie er deutlich machte:

Der 41-Jährige Fraktionsvorsitzende von Bündnis ’90/Die Grünen im Kreistag Sigmaringen, nach seinem Studienabschluss in Religionswissenschaft, Linguistik und Rumänisch als Magister Artium im Brotberuf Texter, Lektor, Redenschreiber und Schriftsteller, will als "bekennender Föderalist" dafür eintreten, dass die Staaten der EU mehr Macht an eine europäische Föderation abgeben, und gegen soziale Ungleichheit kämpfen: "Die EU muss sich mehr einfallen lassen als Grenzen abzudichten und halbseidene Deals mit halbseidenen Machthabern einzugehen." Vielmehr gelte es, die Fluchtursachen zu bekämpfen, etwa durch einen "neuen Marshall-Plan für Afrika".

Die Klimakrise, "umfassender Arten-, Klima- und Landschaftsschutz" sind für Kretschmann ein weiterer Grund – ebenso wie für Thomas Zawalski, den Balinger, Jahrgang 1958, der mehr als zehn Jahre lang in der sozialen Arbeit tätig war, sich ehrenamtlich bei der Balinger Tafel engagiert und deshalb sagt: "Ich kenne die Probleme der Menschen." Sein Anfang der 1990er-Jahre gegründetes Unternehmen hat Zawalski verkauft und ein Studium der Wirtschaftswissenschaften als Master of Business Administration abgeschlossen. Seither arbeitet er als Unternehmensberater und Interims-Manager – und setzt auf eine Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Klimaschutz und die Förderung "grüner Technologien", wobei es gelte, auch die Bedürfnisse der Unternehmer und Arbeitnehmer mit zu berücksichtigen, denn nur dann sei der Erfolg auf breiter Basis möglich. Sein Berufsleben lang sei er im "Krisen- und Chancenmanagement tätig" gewesen, betont Zawalski, "und ich glaube, dass ich einen guten Beitrag leisten kann."

Am 6. Juli haben die Kreisverbände die Wahl

Nach zwei Kandidatenvorstellungen vor den Mitgliedern der beiden Kreisverbände werden diese, vermutlich am 6. Juli, darüber entscheiden. Sigmaringen hat aktuell 107, der Kreisverband Zollernalb 124 Mitglieder. Bis dahin freuen sich Kretschmann und Zawalski auf einen lebendigen Austausch der Ideen und begrüßen es, dass sie durch ihren Wettstreit den Mitgliedern eine echte Wahl bieten.

Was entgegnet Kretschmann jenen, die ihn als potenziellen verlängerten Arm seines Vaters nach Berlin sehen könnten? "Eines habe ich von ihm geerbt: Ich habe meinen eigenen Kopf", betont er selbstbewusst. Außerdem stehe seine Partei, in der er selbst seit 1999 Mitglied ist, "für Chancengleichheit unabhängig von der Herkunft".

Über ihre Chancen, einen guten Platz auf der Landesliste zu ergattern im Fall, dass sie die Direktkandidatur nicht gewinnen, will noch keiner von beiden spekulieren – Zawalski und Kretschmann geht es zunächst darum, die grünen Themen für den Wahlkampf herauszuarbeiten und diese als Alternative zu jenen des CDU-Wahlkreisabgeordneten Thomas Bareiß zu präsentieren. "Wirtschaftskompetenz besteht nicht darin, dass man der Wirtschaft nach dem Mund redet", sagt Zawalski zu diesem Thema. Inzwischen lägen "genügend Systemfehler" offen, um die Notwendigkeit einer transformierten Wirtschaft deutlich zu machen.

Auch ein Beispiel nennt der Balinger: "Alle deutschen Autohersteller haben die Zeit verschlafen. Jetzt reden wir wieder über eine Autokaufprämie", obwohl die so genannte Abwrackprämie 2009 fünf Milliarden Euro gekostet und "Null Wirkung" gezeigt habe. Zawalski hingegen plädiert vielmehr für eine Mobilitätsprämie, die sich dann auch für umweltfreundliche Fortbewegung einsetzen lasse, anstatt "wieder Geld auszuschütten, dass wir woanders dringend brauchen".

Die "Pfründe" des CDU-Wahlkreisabgeordneten seien "geschmolzen", kommentiert Kretschmann. "Es wird ihm gut tun, mal Gegenpositionen zu bekommen zu seiner bekanntermaßen zögerlichen und verächtlichen Haltung gegen den Klimaschutz."