Station auf dem Weg durch die Balinger Innenstadt: Mit Eisschabern und Spachteln werden die Scheiben des Buswartehäuschens an der Friedrichstraße gesäubert. Foto: Ungureanu

Jugendliche von Sub Zine und Alboffensive befreien Balingen von den jüngst aufgetauchten Nazi-Aufklebern.

Balingen - Etwa 35 junge Menschen sind es, die sich am Samstagnachmittag auf dem Bahnhofsvorplatz eingefunden haben. Der Anlass ist ungewöhnlich: Sie wollen die Stadt vom "braunen Dreck", von den Nazi-Stickern, die überall kleben, befreien.

Manche von ihnen tragen dunkle Brillen, andere haben die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Am vertrauten Umgang merkt man, dass sie alte Freunde sind. Sie nennen sich Sub Zine. "Kein Verein", bemerkt einer aus der Gruppe. Die Gruppe hat sich, wie es der Name schon andeutet, der Subkultur verschrieben hat.

Flagge zeigen gegen Rechts

Hauptsächlich Konzerte veranstalten sie, treffen sich im Jugendhaus Insel, bauen dort ein Tonstudio ein, organisieren Kunstausstellungen, Flohmärkte und mehr. Aber dieses Mal geht es nicht um all das: Diesmal haben sie sich getroffen, um Flagge zu zeigen gegen Rechts.

Dabei wollen sie nicht unbedingt erkannt werden. Bei den Nazis wisse man ja nie, meint einer aus der Gruppe und erzählt, dass einer "von denen" schon mal mit einem Messer zu einem Konzert von Sub Zine gekommen sei. Vermutlich in böser Absicht.

Zwei Wochen ist es her, dass überall in Balingen Aufkleber einer offenbar rechten Gruppierung mit dem Abbild eines Cola-Glases mit Eiswürfeln und dem Spruch "Nationaler Sozialismus – erfrischend anders" und dem Querverweis auf eine Internet-Seite aufgetaucht sind.

An jenem Samstag vor zwei Wochen sei man darauf aufmerksam geworden, erzählt ein junger Mann aus der Gruppe. "Das ganze Jugendhaus war beklebt. Die Nazis wollten uns damit zeigen, dass auch sie da sind." Sie hätten sogar versucht, ein Hakenkreuz auf die Tür zu kleben. "Zum Glück sind ihnen die Sticker ausgegangen, es hat nur für zwei Arme gereicht."

Sie hatten daraufhin die Verantwortlichen des Jugendhauses und die Stadt informiert, und an diesem Samstag haben sie sich getroffen, um die Aufkleber zu beseitigen. Mit von der Partie: ein paar Mitglieder der Alboffensive, und auch Jean-Claude Canoine ist gekommen, um, wie er sagt, Grüße vom Friedensnetzwerk zu überbringen.

Die Urheber der Sticker-Aktion lassen sich hingegen nicht blicken. Den ein oder anderen habe man in der Stadt gesehen, beim Herkommen: "Man kennt sich schließlich, und die wollen wissen, wer diese Aktion organisiert hat", bemerkt mein Gesprächspartner. Und dann übernimmt er die Organisation: "Wir beginnen am Busbahnhof, und von da gehen wir in zwei Gruppen durch die Innenstadt", sagt er.

Nein, Sub Zine sei nicht nur gegen Rechts, präzisiert ein anderer aus der Gruppe, während die jungen Leute mit den mitgebrachten Spachteln und einem Stahlschwamm ans Werk gehen. "Wir sind gegen jede Form von Diskriminierung." Es stellt sich heraus, dass sich nicht nur die Jugendlichen von Sub Zine, sondern auch andere Balinger mit den besagten Stickern nicht anfreunden konnten: An vielen Stellen in der Bahnhof- und Friedrichstraße wurden sie bereits beseitigt. Reste von Kleber und kleine Papierfetzen zeugen davon. Wie lange die Stadt "sauber" bleiben wird, ist unklar. Demnächst würden wohl neue Aufkleber auftauchen, vermuten die Jugendlichen. Dann wollen sie erneut losziehen.

Der Zollernalbkreis sei "kein weißer Fleck auf der braunen Landkarte", heißt es in einer Mitteilung der Alboffensive: Im vergangenen Jahr sei mit den "Freien Kräften Zollernalb" eine neue Gruppe aufgetaucht, die mit der NPD-Nachwuchstruppe "Junge Nationaldemokraten" zusammenarbeite. Auffallend sei derzeit die zunehmende Nazi-Propaganda im Straßenbild Balingens. "Wir als Alboffensive sagen dazu: Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda!" Deswegen unterstütze man die Aktion von Sub Zine.

Übrigens: Gemeinsam mit der Kampagne Alboffensive veranstaltet Sub Zine am 16. Februar ein Rockkonzert gegen Rechts. "Einerseits eine laute Botschaft an Nazis, dass sie unerwünscht sind, andererseits soll es für allen von Nazis Angefeindeten und von Alltagsdiskriminierung Betroffenen einen Freiraum darstellen", heißt es in der Mitteilung.

Weitere Informationen:www.sub-zine.net