Da schau her: Manuel Wagner zeigt sein Poster mit dem jungen Mann, der einen Kaffeefilter über Mund und Nase trägt. Das Motiv ist der Ausstellung, die nun im Schaufenster des Geschäftshauses an der Neuen Straße nahe dem Balinger Zollernschloss zu sehen ist. Fotos: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Aktion: Galerie im Schaufenster: Manuel Wagner holt Werke von Stuttgarter Kreativen nach Balingen

Balingen. Ein Senior am Laptop, der lächelnd einen Bierhumpen hebt und dazu der Slogan: Home-Office knallt! Ein junger Mann mit Mund-Nasen-Schutzmaske – oh Moment: Das ist ja gar keine, das ist ja ein Kaffeefilter! Oder eine weiße Fläche, umrandet mit den Worten: Mit Abstand am besten. Das sind drei Beispiele für Plakate, die in dieser Woche an vielen Stellen in der Landeshauptstadt auf Initiative der Bewegung für radikale Empathie (BRE) zu sehen sind. Und seit Freitag auch in Balingen.

Denn mit Manuel Wagner stammt einer der an der Aktion Beteiligten von hier, er ist zudem Eigentümer des Gebäudes an der Neuen Straße, in dem zuletzt Spielwaren-Strobel angesiedelt war. Das geschichtsträchtige Haus wurde nach dem Stadtbrand von 1809 errichtet, bis nach dem Zweiten Weltkrieg war es eine Gaststätte – das "Paradies", das der dortigen Straßen auch ihren Namen gab. Nun wird das lange Schaufenster dank der 36 Plakate, obwohl die Räume leerstehen, zum wahren Hingucker – zu einer öffentlichen Galerie. Zum Paradies für alle, die genau hinschauen und die es kreativ mögen.

Kreativ durch die Corona-Krise: Das haben sich die Macher der Aktion, Dominique Brewing und Anja Haas von der BRE sowie die Designer Melanie Müller, die aus Bisingen stammt, und Markus Niessner auf die Fahnen geschrieben. Aber nicht nur das: Der öffentliche Raum, so Niessner, solle durch die Poster fröhlicher, ein bisschen besser und bunter gestaltet werden. Man habe die Hoffnung, dass der eine oder andere dadurch entspannter durch die derzeitige Corona-Krise komme. Der Ansatz passt damit auch bestens zu der Aktion "Freundliches Balingen", die die Initiaitve Freiraum ins Leben gerufen hatte und in deren Rahmen zahlreiche Stromkästen im Stadtgebiet neu gestaltet wurden.

Rund 30 Künstler und Designer aus dem Großraum Stuttgart sind nun an der Poster-Aktion beteiligt. Von der BRE wurde sie eingeladen, Plakate zu gestalten, die Mut machen, Europa feiern, Zuversicht verbreiten, die Krise als Chance begreifen – oder aber einfach auch nur ein Lächeln ins Gesicht der Betrachter zaubern sollen.

Manuel Wagner betreibt in Stuttgart ein Büro für Digitale Bildbearbeitung. Mit der Fotografie eng verbunden ist der heute 41-Jährige seit seiner Jugendzeit, als er mit Kameras durch seine Heimatstadt Balingen zog. Wagner steuerte zu der Plakatserie gleich zwei fotografische Motive bei: Neben dem jungen Mann mit dem Kaffeefilter vor Mund und Nase ein Bild von einer echten Schutzmaske, die über dem Innenspiegel eines Autos hängt – dazu der in einigen Jahrzehnten vielleicht sentimentale Satz: "Weißt du noch damals in den 20ern?" Als diese Masken plötzlich allüberall waren.

Rund zwei Monate sollen die bunten Poster nun in Balingen zu sehen sein, sagt Wagner. Vielleicht auch kürzer, möglicherweise auch länger. Das hänge auch davon ab, ob er für das große Ladengeschäft nahe dem Zollernschloss einen neuen Mieter findet. Interessenten für die rund 360 Quadratmeter große Verkaufsfläche und die zusätzlichen rund 280 Quadratmeter Lagerfläche habe es schon einige gegeben, sagt Wagner; geklappt hat bislang aber nichts. Angesichts von Corona sei das Thema Neuvermietung derzeit eher schwierig. Blöde Krise. Aber nun seien ja die Poster da. Und das sei, sagt Wagner, doch auch eine "schöne Sache".

  Die Poster können nicht nur angeschaut, sondern auch gekauft werden – der Erlös kommt einem guten Zweck zugute. Infos dazu im Internet unter www.bewegung-fuer-radikale-empathie.de.