Ohrmarkenstreit: Alexander Bonde (Grüne) schlägt Einladung von Ernst Hermann Maier nach Ostdorf aus.
Balingen-Ostdorf - Es wäre eine Gelegenheit gewesen – aber es wird nichts daraus: Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) kommt heute zwar nach Balingen, aber nicht nach Ostdorf. Dorthin hatte ihn Landwirt Ernst Hermann Maier im Zusammenhang mit dem Ohrmarkenstreit eingeladen.
Bonde hat die Einladung des Ostdorfer "Rinderflüsteres" Ernst Hermann Maier, im Rahmen seiner Dialogveranstaltung am heutigen Donnerstagabend im Balinger Landratsamt auch die Uria-Herde in Ostdorf zu besichtigen, ausgeschlagen. Ein Besuch sei aufgrund der Terminplanung nicht möglich, heißt es in dem Antwortschreiben des Ministeriums, das unserer Zeitung vorliegt.
Maier findet das, wie er sagt, "schade". Als er von dem Termin des Ministers in Balingen erfahren hat, habe er die Gelegenheit nutzen wollen, ihm seine Uria-Herde zu zeigen – vor allem vor dem Hintergrund des sogenannten Ohrmarkenstreits (wir berichteten). Statt der von der überwiegenden Mehrzahl der Rinderhalter in Deutchland verwendeten Ohrmarken kennzeichnet Maier seine Tiere mit einem Chip.
Bonde: Besuch bis auf Weiteres "grundsätzlich nicht darstellbar"
Für dieses Vorgehen hat Maier seit Jahren eine Ausnahmegenehmigung vom Landkreis. In diesem Jahr aber wurde der Kreis von Seiten des Regierungspräsidiums Tübingen aufgefordert, diese Genehmigung rückgängig zu machen: Auch Maier soll seine Rinder mit Ohrmarken kennzeichnen. Doch das will er auf keinen Fall. Durch Ohrmarken werde den Tieren bewusst Schmerz und Leid zugefügt. Die Chips seien die technisch bessere und auch tiergerechte Lösung – das hätte er dem Minister gerne bei einem Besuch in Ostdorf gezeigt, sagt Maier.
Doch nicht nur am heutigen Donnerstag, auch sonst scheint Alexander Bonde die Uria-Herde nicht in Augenschein nehmen zu wollen. Auch das geht aus dem Antwortschreiben des Ministeriums hervor: Wegen des anhängigen Verwaltungsverfahrens und einer sich "gegebenfalls anschließenden gerichtlichen Klärung des Falls" sei ein Besuch bis auf weiteres "grundsätzlich nicht darstellbar", heißt es darin. Diese Zurückhaltung sei angezeigt, um die "rechtlich gebotene sachliche Neutralität des Amtes zu gewährleisten".
Das kann man, wenn man will, auch so lesen, dass der Minister sich überhaupt kein Bild von dem Sachverhalt in Ostdorf machen möchte, dass entschieden wird, ohne die Situation vor Ort zu kennen – und dass die Ministeriums-Verwaltung, die die Ohrmarken durchsetzen möchte, geradewegs auf eine "gerichtliche Klärung" des Falls hinstrebt. Maier dagegen sagt, dass er einem juristischen Streit vor Gericht gern aus dem Weg gehen würde. Ohnehin sieht er eine gerichtliche Klärung als unnötig an: Die Ausnahmegenehmigung für die Chips sei rechtskräftig. Er sei vor 14 Jahre sogar aufgrund der Viehverkehrsordnung vom Landratsamt Balingen ausdrücklich aufgefordert worden, diese seinen Tieren einzupflanzen, so Maier.
Obwohl aus dem Besuch heute bei der Herde in Ostdorf nichts wird, werden sich Maier und Bonde dennoch sehen: Der "Rinderflüsterer" will die Veranstaltung am Abend im Landratsamt (19 Uhr) besuchen und versuchen, dort mit dem Minister ins Gespräch zu kommen. Er nehme ernst, mit welchen Worten Bonde dazu geladen habe: Dass er mit der Bevölkerung über neue Ansätze in der Landwirtschaft, über innovative und nachhaltige Strukturen und Ansätze in einen Dialog treten wolle. Dazu Maier ganz knapp: "Genau das will ich auch."