Helga Huber und Peter Schwaibold leiten den Verein Generationennetz Balingen. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Generationennetz Balingen will mehr als ein Verein sein / "Auch der Ruhestand ist ein aktiver Lebensabschnitt"

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Balingen. Das Balinger Generationennetz ist seit kurzem ein Verein. Dieser stößt in der Stadt bereits auf einiges Interesse.

Seit einem dreiviertel Jahr laufen die Arbeiten an dieser langfristig angelegten Organisation, berichten der Vorsitzende Peter Schwaibold und seine Stellvertreterin Helga Huber. Das Generationennetz will jedoch mehr sein als ein Verein oder "Altenstammtisch". Es gehe darum, eine "Bewegung" zu schaffen.

Den darin Aktiven, überwiegend zwischen Anfang 50 und Ende 70, gehe es um eine zentrale Frage, die in der Gesellschaft noch zu wenig angekommen sei: Was geschieht angesichts des vielzitierten demografischen Wandels mit älteren Menschen, und wie kann deren Lebensqualität erhalten werden?

"Es ist ein großer Bedarf da", sagt Huber. Derzeit fielen Ältere nach Ende ihrer Berufstätigkeit schnell aus der Gesellschaft. Alleinstehenden und Verwitweten droht dann die Vereinsamung in ihren Eigentumswohnungen.

Die im Alter häufig gewählte Lebensform im betreuten Wohnen oder Seniorenheim sei eine Scheinlösung und "furchtbare Sackgasse", finden die Netz-Vorsitzenden: "Das ist ein Konzept von vorgestern", sagt Schwaibold, denn "die Generationen gehören zusammen".

Es genüge nicht, die Alten vor den Fernseher zu setzen und ihnen an Weihnachten ein paar Kinderlieder vorsingen zu lassen. Ältere Menschen sollten nicht nur als Kostenfaktor gesehen, sondern als ungenutztes Potenzial erkannt werden.

Drei Arbeitsfelder bilden die inhaltlichen Schwerpunkte des neuen Vereins. Erstens geht es um die Suche nach geeigneteren, neuen Formen des Wohnens. Beispielsweise will man zusammen mit der Balinger Wohnbaugenossenschaft ein generationengerechtes Gebäude in der Froschstraße planen und darin selbstbestimmtes Leben im Alter organisieren.

Der Bedarf für solche familienähnlichen Wohnformen sei da, sind Schwaibold und Huber überzeugt. Diese würden viele Probleme lösen, beispielsweise die Anonymität in großen Häusern. Dem "freien Markt" wolle man dies nicht überlassen, sondern die Betroffenen direkt fragen, wie sie im Alter wohnen wollen.

Zweitens geht es um die Versorgung der Älteren in ihrem gewohnten Lebensumfeld. So soll etwa kommende Woche der Startschuss für die "Quartierentwiclung" auf Schmiden fallen. Dort soll die Entwicklung einer Nachbarschaftshilfe angestoßen werden, wie sie in ähnlicher Form beispielsweise bereits in Geislingen (GEBs), Frommern (MON) oder den D-Gemeinden (SoNe) besteht.

Dabei sei das Ziel, die beteiligten Menschen auch sozial einzubinden, erklärt Schwaibold: Man wolle Menschen gewinnen, die beispielsweise beim Einkaufen helfen, dann aber nicht einfach nur die Tüte hinstellen, sondern auch mit den Leuten reden, für die sie Besorgungen machen. Im Kern geht es darum, wieder soziale Nähe zu schaffen und ältere Menschen zurück in die Gemeinschaft zu holen.

Das dritte Arbeitsfeld nennt sich "Begegnung". Im Balinger Generationenhaus gibt es bereits regelmäßige Treffen, zu denen zwischen 40 und 60 Besucher kommen. Künftig sollen auch Jüngere einbezogen werden, beispielsweise Eltern mit Kindern.

Bei allen Ansätzen gehe es nicht darum, jemandem Lösungen "aufzuschwätzen", betont Schwaibold. Vielmehr wolle man die Menschen zum Nach-, Um- und Mitdenken bringen.

Ältere sollen dabei selbst aktiv werden – nicht zuletzt in der eigenen Generation, nach dem Ausscheiden aus dem Beruf, wenn dafür Zeit ist. "Auch der Ruhestand ist ein aktiver Lebensabschnitt", findet Huber.

Der Zulauf sei seit der Gründung als Verein am 10. Februar groß gewesen: 80 bis 100 Interessierte gehören mittlerweile zum Stamm der Gruppe. In den kommenden Monaten soll es vor allem darum gehen, eine breitete Öffentlichkeit zu erreichen und Interessierten Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Außerdem soll es einen runden Tisch geben, um einen Überblick über alle Versorgungsangebote in Balingen zu bekommen. Wo es zwischen DRK, AWO oder Diakonie noch Lücken gebe, könnte das Generationennetz helfen – als Ergänzung, nicht als Gegenangebot, betonen die beiden Vorsitzenden.