Der Sport ist die große Leidenschaft von Helmut Krüger. Seit seinen Operationen unternimmt er unzählige Radtouren mit seinem Liegerad. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Der gebürtige Balinger Helmut Krüger lebt seit 20 Jahren mit einem Spenderorgan in der Brust

"Der lässt sich nicht unterkriegen" ist manchmal schnell über einen Menschen gesagt. Aber selten trifft dieser Satz auf jemanden so zu, wie auf Helmut Krüger. Der inzwischen fast 80-jährige, gebürtige Balinger lebt seit 20 Jahren mit einem Spenderherz.

Balingen. Helmut Krüger hat mehr als einen Schicksalschlag im Leben weggesteckt, ist wieder aufgestanden, und hat weiter gemacht. Heute widmet er sich seinen neuen Hobbys: Radfahren, Dreirad-E-Bikes, Modellbau und Modellfliegen. Hobbys, die er mit seinen Krücken bewältigen und betreiben kann, wenn auch manchmal mit großem körperlichen Einsatz.

Der gelernte Schriftsetzer arbeitete seit 1963 beim Schwarzwälder Boten, bis ihn eine schwere Herzerkrankung zwang, seine berufliche Tätigkeit 1998 aufzugeben. 1999 wurde ihm ein Spenderherz eingesetzt. Und es dauerte nicht lange, bis er sich wieder seinem größten Vergnügen zuwendet – dem Sport. In der Kindheit hatte Krüger in Balingen Fußball gespielt und Leichtathletik bei der TSG betrieben. Er war fast 40 Jahre lang Skilehrer bei der Skischule Oberndorf, war Ski-Renntrainer für die Ski-Jugend, war aktiver Tennisspieler, Tennis-Trainer und Nordic-Walking-Trainer.

Nach der Transplantation blieb Krüger dem Sport treu, wurde Mitglied der Nationalmannschaft der Deutschen Sportvereinigung für Organtransplantiere, nahm mehrfach an den "World Transplant Winter Games" teil und errang viele Titel als Tennisspieler und Skifahrer.

"Dem Sport habe ich viel zu verdanken, vor allem eine hohe Lebensqualität seit meiner Herztransplantation", so Krüger: "Mein Herz ist mir schon lange nicht mehr fremd."

Ein schwerer Verkehrsunfall riss Helmut Krüger 2005 erneut aus dem Leben. Bei einem unverschuldeten Zusammenstoß hatte ihn ein Autofahrer auf seinem Motorroller übersehen. Seine Hüfte wurde komplett zertrümmert. Er lag mehrere Tage im Koma. Diagnose: Beckenquerbruch, innere Verletzungen. Notwendig waren mehrere Operationen, ein Luftröhrenschnitt sowie künstliche Beatmung und Ernährung.

Krüger lernte mühsam das Laufen neu. Vom Rollstuhl schaffte er den Umstieg auf zwei Krücken. Im selben Jahr: Eine schwere Abstoßung seines Spenderherzens. Erneut kämpften die Ärzte im Herzzentrum Krozingen tagelang um sein Leben. Seine Nieren versagten und sind seitdem so stark geschädigt, dass er dreimal in der Woche für viereinhalb Stunden zur Dialyse muss.

Doch er fasste neuen Lebensmut – und widmet sich nun leidenschaftlich dem Modelbau. Er bastelt an Autos, Schiffen und Flugzeugen – alle ferngesteuert und funktionsfähig. Nach dem Unfall wurde Krüger oft von Albträumen und Depressionen geplagt. "Das Basteln war für mich eine gute Therapie" erzählt er.

Helmut Krügers größte Stütze ist seine Frau. Mit ihr unternimmt er mehr als 50 Radtouren im Jahr, an den Bodensee, durchs Neckartal oder nach Balingen. Er in seinem Liegerad, sie auf ihrem E-Bike. Man brauche eine positive Einstellung im Leben, ist sich Krüger sicher.

Es ist ihm wichtig, seine Mitmenschen über die Notwendigkeit der Organspende zu informieren. Auch deshalb, weil sein Zwillingsbruder Gerhard wenige Stunden nach Krügers Transplantation gestorben ist. Sein Bruder hatte 18 Monate auf eine rettende Herztransplantation gewartet. "Es gibt in Deutschland immer noch zu wenige Organspender. Jährlich sterben Hunderte von Menschen, Kinder, Erwachsene, Jugendliche und Kleinkinder, weil kein lebensrettendes Spenderorgan vorhanden ist", kritisiert er.

Und fährt fort: "Eines sollte jeder wissen: Menschen sterben nicht, weil man ihre Organe benötigt, sondern sie sterben, weil ihr Körper nicht mehr lebensfähig ist. Es wird keiner gezwungen, ein Organ zu spenden. Aber Organspende rettet Leben."