Irmgard Priester bereitet sich am Dienstagabend auf die Sitzung des Gemeinderats vor. Sie ist eine von elf Frauen im künftigen Balinger Gremium. Foto: Maier

Mehr Stadträtinnen in Balingen trotz weniger Bewerberinnen – doch immer noch zu wenig. 

Balingen - Müssen mehr Frauen in die Politik? Sollten schon, wenn man allein auf den Geschlechterproporz schaut. Ausgeglichen ist das Verhältnis in den Balinger Gremien jedoch keineswegs, auch wenn Frauen bei den Wahlen am Sonntag mehr Sitze errungen haben. Das zeigt ein Blick in umfassendes Zahlenmaterial.

Die Balinger Wähler haben am Sonntag elf Frauen damit beauftragt, ihre Interessen im Balinger Stadtparlament zu vertreten: Sevgi Turan, Leah Konzen, Martina Hittinger und Margit Reinhardt (Grüne), Irmgard Priester und Ingrid Helber (FDP), Angela Godawa, Marlies Kempka, Nathalie Hahn und Annegret Lang (SPD) sowie Ute Theurer (Freie Wähler). Die CDU bildet eine reine Männerfraktion, während die Frauen bei den Grünen (4:3) sowie bei der SPD (4:2) sogar in der Mehrheit sind.

Elf Rätinnen bei 32 Mitgliedern des Gemeinderats insgesamt – das ist hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses zu wenig, aber immer noch besser als nach der Wahl 2014, als nur acht Frauen den Sprung ins Gremium schafften. Am Ende der Legislaturperiode waren davon noch sieben übrig: Nicole Hoffmeister-Kraut schied, nachdem sie zur baden-württembergsichen Wirtschaftsministerin berufen worden war, aus dem Gremium aus. Für sie rückte Manfred Seeger in die CDU-Fraktion nach. Für Margit von Haaren kam bei den Freien Wählern zunächst Otmar Erath nach, ehe dieser auf das Mandat verzichtete und damit Platz für Markus Wochner machte. Nur eine Frau rückte in der zu Ende gehenden Legislaturperiode für einen Mann nach: Ipek Gedikli bei der SPD für Kurt Haigis.

Müssen mehr Frauen kandidieren, damit Frauen mehr Sitze erringen? Vielleicht, aber eine Garantie ist das nicht. Ein Blick auf die Gesamtzahlen der vergangenen beiden Kommunalwahlen: 2014 traten 53 Kandidatinnen an und errangen acht Sitze. 2019 bewarben sich 50 Frauen – Ergebnis: elf Sitze. Gesunken ist derweil auch die Zahl der männlichen Bewerber: 2014 waren es noch 107 (24 Sitze), 2019 waren es 97 Kandidaten (21 Sitze).

Ebenso interessant ist ein Blick auf die einzelnen Listen: Die CDU schickte 2014 sechs Frauen und 26 Männer ins Rennen, gewählt wurden eine Frau und acht Männer. 2019 waren es fünf Bewerberinnen (keine gewählt) und 21 Bewerber (acht gewählt).

Die SPD bot 2019 zwei Kandidatinnen mehr auf als 2014 (nämlich 16). Ergebnis: Vier Frauen wurden gewählt, 2014 waren es nur zwei gewesen. Männliche Bewerber waren es vor fünf Jahren 18 (fünf gewählt), 2019 mit 16 etwas weniger (zwei gewählt).

Fünf Kandidatinnen gingen für die Freien Wähler 2019 ins Rennen. Ergebnis: eine wurde gewählt. 2014 waren von vier Bewerberinnen zwei dabei. Interessant scheinen die Freien Wähler für Frauen aber ohnehin nicht zu sein: Die große Mehrheit der Bewerber (2014 28 von 32, 2019 24 von 28) sind Männer. In beiden Wahljahren schafften jeweils vier Männer den Sprung ins Gremium.

In der deutlichen Mehrheit sind die männlichen Bewerber auch bei der FDP: 2014 waren es 20 von 32 insgesamt, 2019 21. In beiden Jahren schafften es vier männliche Liberale ins Gremium. 2014 nur eine Frau, 2019 zwei Bewerberinnen.

Die Grünen schickten vor fünf Jahren mehr Kandidatinnen als Kandidaten ins Rennen (17:15), zwei wurden gewählt (Conny Richter und Ute Hettel, beide traten 2019 nicht mehr an). 2019 waren es 13 Bewerberinnen und 15 Bewerber – gewählt wurden drei Männer und vier Frauen.

Auffällig ist noch ein weiteres: Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren waren Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), Angela Godawa (SPD) und Conny Richter (Grüne) jeweils die Stimmenköniginnen ihrer Listen. 2019 liegt keine Frau auf einem vorderen Platz.

Vielmehr, so scheint es, gibt es weniger Ausreißer nach oben. Dafür aber einen insgesamt breiteren Zuspruch für weibliche Bewerberinnen. Schlechter repräsentiert als im Gemeinderat (rund ein Drittel aller Sitze) sind Frauen in den Ortschaftsräten: Dort haben Bewerberinnen 2019 insgesamt einen Sitz mehr als 2014 errungen, mithin 22 von 97 möglichen Sitzen errungen (23 Prozent)

Prozentual die meisten Frauen sind künftig in den Gremien von Erzingen und Zillhausen vertreten, (jeweils drei von neun Sitzen), darauf folgen Streichen (zwei von sieben), Ostdorf (drei von elf), Frommern (vier von 18), Heselwangen (zwei von neun) und Weilstetten (zwei von 13). Gemeinsame Schlusslichter hinsichtlich einer ausgeglichenen Geschlechterverteilung sind Engstlatt und Endingen: Dort sitzt jeweils eine Frau zusammen mit zehn Männern im Gremium.

Deutlich wird beim Blick in die Ortsteile, dass Frauen auch in den Kandidatenlisten zumeist unterrepräsentiert waren. Nur eine Kandidatin (Heinke Grieshaber) trat in Engstlatt an, jeweils zwei in Endingen, Streichen, Heselwangen und Weilstetten. Vier Bewerberinnen waren es in Ostdorf, fünf in Erzingen, sechs in Zillhausen. Ausnahme von der Regel: 16 Kandidatinnen traten in Frommern an.

Frommern weicht auch in anderer Hinsicht von einem Trend ab: Dass nämlich Frauen in den Ortsteilen, wenn sie sich bewerben, sehr gute Chancen haben, gewählt zu werden und damit die Politik vor Ort mitzugestalten. In Frommern schafften nur vier der 16 Bewerberinnen den Sprung ins Gremium, in Erzingen zwei von fünf. In Endingen (eine von zweien) und in Zillhausen (drei von sechs) war es immerhin die Hälfte. Dagegen wurden in Engstlatt, Streichen, Heselwangen, Ostdorf und Weilstetten alle Kandidatinnen in den Ortschaftsrat gewählt.

Drei Frauen sind zudem Stimmenköniginnen in ihren Ortschaften: Sonja Lohner in Heselwangen, Edith Getrost in Erzingen und Martina Sodamin in Ostdorf. Bemerkenswert: Sodamin erhielt dabei sogar mehr Zuspruch als Dietmar Foth und damit der Mann, der bei den Wahlen zum Balinger Gemeinderat listenübergreifend die meisten Stimmen aller Bewerber erhalten hat.