Rettet die Disco-Kugel! Maurizio Mammato (links) und Dirk Bamberger vom Balinger Top10 kritisieren das geplante Gebühren-Modell der GEMA. Dadurch kämen auf Diskotheken und Musikkneipen exorbitante Mehrkosten zu. Foto: Maier

Gastronomie-Betreiber kritisieren überhöhte Gebühren-Forderungen. Samstag Aktionstag.

Balingen - Wer Musik hört oder spielt, kommt um die Verwertungsgesellschaft GEMA nicht herum. Gebühren sind beim Kauf von CDs fällig, ebenso wie beim Abspielen der Lieder in Discotheken und Kneipen. Gastronomie-Betreiber kritisieren die geplanten Tarife scharf, einige fürchten um ihre Existenz.

Zum 1. Januar 2013 sollen die neuen Vergütungssätze in Kraft treten. Laut GEMA-Schreiben sollen die Tarife vereinfacht und außerdem kleinere Veranstaltungen finanziell entlastet werden – doch genau das Gegenteil sei der Fall, kritisiert Dirk Bamberger, Betreiber der Balinger Disco Top10 und weiterer vier Discotheken im Südwesten: Die meisten Betriebe müssten, wenn das Gebührenmodell tatsächlich in Kraft tritt, deutlich mehr bezahlen als bisher. Betroffen seien auch Veranstalter von Straßenfesten oder, ganz aktuell, Abi-Bällen.

Steigerung von mehr als 500 Prozent

Bamberger führt zwei Beispiele an: Bisher bezahle er für seine fünf Discotheken zusammen rund 93 000 Euro GEMA-Gebühren im Jahr – nach Berechnung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) wären es mit der neuen Tarifstruktur ab 2013 satte 540 000 Euro jährlich. "Das entspricht einer Steigerung von mehr als 500 Prozent", so Bamberger. Noch schlimmer könne es Kneipen treffen, in denen Musik im Vordergrund steht, in Balingen beispielsweise das SAVO oder die Passage: Dort müssten die Betreiber für das Abspielen der Hits mit Gebührensteigerungen von teils mehr als 2000 Prozent rechnen, so Bamberger: "Das ist dann praktisch existenzgefährdend."

Bamberger war, als Präsidiumsmitglied des Bundesverbands deutscher Discotheken und Tanzbetriebe, an Gesprächen mit Vertretern der GEMA in München beteiligt. Dabei sei deutlich geworden, dass die Verwertungsgesellschaft in den vergangenen Jahren immer weniger Einnahmen zu verzeichnen gehabt habe. Gründe dafür seien die sinkenden Verkaufszahlen von CDs ebenso wie der steigende Anteil von illegal aus dem Internet gezogenen Musik-Titeln.

Bamberger vermutet: "Die GEMA will bei Discotheken und Musikkneipen jetzt das Geld eintreiben, das ihr in den vergangenen Jahren – auch durch eigenes Verschulden – verloren gegangen ist. Statt energisch gegen illegales Herunterladen vorzugehen oder eine vernünftige Strategie für die Musikvermarktung zu entwickeln, soll die Gastronomie bluten."

Besonders kritisch sehen Bamberger und Maurizio Mammato, Veranstaltungschef im Top10, auch die Vorgehensweise: Als Monopolist könne die GEMA ähnlich wie die GEZ die Gebührensätze diktieren. Genau das müsse sich ändern, die Interessen der Gegenseite müssten berücksichtigt werden.

Bamberger will, quasi als Vorreiter im Zollernalbkreis, die Politik einschalten und auch die Gäste im Top10 mobilisieren: In der Nacht von Samstag auf Sonntag diese Woche wird hier wie in vielen Discotheken bundesweit zur symbolischen Uhrzeit – fünf vor zwölf – die Musik für fünf Minuten abgeschaltet, dann wird über die GEMA-Gebühren informiert, und möglichst viele sollen zur Unterzeichnung der Petition gegen die GEMA-Gebührenreform animiert werden, die an den Bundestag gerichtet ist.

"Natürlich wollen wir weiter GEMA-Gebühren bezahlen", sagt Bamberger, "aber wenn eine Änderung kommt, dann bitteschön angemessen. Wir brauchen als Betreiber verlässliche Rahmenbedingungen – und Erhöhungen von mehreren 100 Prozent sind genau das Gegenteil."

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www.disco-retter.de