Das Corps des ballett bemühte sich, der anspruchsvollen Choreografie von Marius Petipa gerecht zu werden. Foto: Russisches Ballettfestival Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Russisches "Dornröschen" beglückt das Publikum in der Balinger Stadthalle / Ensemble zeigt ursprüngliche Choreografie

Adventszeit ohne ein Ballett von Pjotr Tschaikowski, dass ist nicht denkbar.

Balingen. Wäre vielleicht der Nussknacker die erste Wahl, da er besser zum anstehenden Hochfest passt, so vermag doch auch Dornröschen zu erfreuen. Die Stadthalle Balingen brachte in Kooperation mit dem Russischen Ballettfestival Moskau dieses Stück in der Choreografie von Marius Petipa auf die Bühne.

Tschaikowski kann auch als "dialektischer Komponist" gelten: Auch er ist eine Künstlerfigur mit unausrottbaren Widersprüchen, die in seinem Schaffen zu Tage treten.

Seine Ballettpartituren gehören zum Prägendsten, zugleich aber für seine Zeitgenossen Erfolglosesten, was in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Gattung Ballett vor dem Untergang rettete. Zutage tritt dies mit "Dornröschen", nach einem Kunstmärchen von Charles Perrault, bei dem sich später auch die Brüder Grimm für ihr Volksmärchen bedient haben.

Dieses 1890 uraufgeführte Ballett hielt der Komponist für sein bestes, und das trotz der Äußerung des damaligen Zaren bei der Generalprobe: Jener meinte, es sei "ganz nett".

Damals tanzte das Ensemble die Choreografie von Marius Petipa, die auch am Abend in der Stadthalle Balingen zu sehen gewesen ist. Sie hat nichts von ihrem Charme verloren, aber auch über 120 Jahre nach der Uraufführung ist sie nicht leichter und weniger anspruchsvoll geworden. Das wussten die Tänzerinnen und Tänzer des Abends auch. Vor allem das Corps des ballett, also das Ensemble, zeigte sich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden.

Vielleicht wäre es bei allem Traditionsbewusstsein aber angemessener, auf eine Choreografie neuerer Zeit zurückzugreifen, etwa die von Marcia Haydée. Diese ist zwar auch nicht einfacher, aber nicht ganz so im Stillstand verhaftet wie jene Petipas. Zeiten und Geschmäcker ändern sich.

Von den Tänzerinnen und Tänzern bleiben vor allem Tatjana Bikmuchametova (Die Fliederfee), Alena Panjukova (Das weiße Kätzchen), Rinat Bikmuchametova (Prinz Désiré), Roman Mironov (Der blaue Vogel) und Michael Sergienko (Der gestiefelte Kater) nachdrücklich in Erinnerung. Vor allem Rinat Bikmuchametova empfahl sich dank sublimer Technik und souveräner Umsetzung der schwierigen Partie für große Aufgaben.

Der Höhepunkt des Abends war der beschließende Pas de deux des Heldenpaars, der vielfach von Applaus unterbrochen wurde. Ein beglücktes Publikum dankte für einen gelungenen Ballettabend.

Die Ausstattung war für eine Tournee-Produktion exquisit, wie auch die Kostüme und die Lichtregie. Aber die Musik kam aus der Anlage; die Aufnahme, die zu hören war, ist grandios, aber zum Ballett gehört Live-Musik. Es gibt auch Kammerfassungen für wenige Musiker, die leicht zu besorgen wären.