Die Formation JazzGrooves während des Auftritts im Balinger Zollernschloss mit Dirik Schilgen am Schlagzeug. Foto: Baumann Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Musiker liefern mitreißenden Auftritt im Balinger Zollernschloss / Stücke von Dirik Schilgen sind voller Charakter und Finesse

Balingen. Schlagzeuger sind in der Regel die zuverlässigen "Sidemen". Sie sind die mehr oder weniger dienenden und untergeordneten Trommler, die im "Maschinenraum" sitzen und ackern, damit die anderen im Scheinwerferlicht glänzen können. Aber es gab und gibt auch hier Ausnahmen, nämlich solche Schlagzeuger, die komponieren und arrangieren, die den Stil und das Repertoire einer Formation prägen, die schlicht und einfach Bandleader sind.

Zu dieser Kategorie gehört der Heidelberger Dirik Schilgen, der mit seiner famosen Formation "JazzGrooves" auf Einladung des Balinger Jazzclubs nun im voll besetzten Saal des Zollernschlosses einen mitreißenden Auftritt hinlegte. An seiner Seite vier kongeniale Instrumentalisten: Olaf Schönborn an den Saxofonen, Volker Deglmann, Trompete und Flügelhorn, Simon Schallvig, Bass, und Daniel Prandl, Klavier.

Vielzahl von Rhythmen wird in Musik einbezogen

Der Name der Band ist Programm, denn "JazzGrooves" hebt sich vom konventionellen jazzigen Swing ab und signalisiert, dass eine Vielzahl der gängigen afroamerikanischen Rhythmen in die Musik mit einbezogen ist. Diese hat Schilgen bei einem längeren Aufenthalt in Brasilien studiert und absorbiert. Und diese Erfahrungen prägen sein unglaublich brillantes und zugleich komplexes Schlagzeugspiel ebenso wie eine Vielzahl seiner Kompositionen.

Diese sind klar strukturiert mit arrangierten und notierten Themen, die immer griffig und prägnant sind und Raum lassen für vitale und fantasievoll improvisierte Soli aller beteiligten Musiker.

Schilgens Kompositionen haben Charakter und Finesse. Es sind Klangmalereien, die unterschiedliche Stimmungen und Atmosphären einfangen und zum Schillern bringen. Das erinnerte an Herbie Hancock, der anfangs der 1960er-Jahre mit einem ähnlichen Ansatz seine musikalischen Meisterwerke in die Welt setzte.

In "Endlich", das die Begrenztheit des Lebens thematisiert, brillierte Daniel Prandl mit einem wundervoll lyrischen Klaviersolo. Im darauf folgenden Dialog der beiden Bläser war der Lebensatem zu spüren und zu hören. Bei "Aracuja" entstanden vor dem inneren Auge bunte, sinnliche und lebensfrohe Bilder dieser brasilianischen Stadt.

Mit "Estrada Surpresa" wurden die Zuhörer auf eine spannende und abwechslungsreiche Reise durch weite brasilianische Landschaften geschickt. In "Dark Winter Woods" war das faszinierend Unheimliche und Verwunschene zu erahnen. Der Scheinriese "Tur Tur" aus Jim Knopf gewann im gleichnamigen Stück Gestalt. Atemberaubend war die Spannung, die zunächst Schilgen zusammen mit Bassist Schallvig und Pianist Prandl aufbaute, die dann von Schönborn und Heglmann aufgenommen und aufgelöst wurde.

Das alles ist ganz großes Kino – und nur zu meistern von einer Combo, die eine ganz und gar wunderbar eingespielte Truppe ist – und die für einen weiteren und letzten glanzvollen Höhepunkt des ereignisreichen Jazz-Jahrs 2018 in Balingen sorgte.