Catherine Stotz (Mitte) wollte sich bei einem Sozialprojekt in Südindien engagieren. Sie war auch schon vor Ort – bis die indische Regierung angesichts der Coronalage alle Ausländer bat, das Land zu verlassen. Mit einem besonderen Essen, Liedern und vielen guten Wünschen wurde die 20-jährige Balingerin verabschiedet. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Corona-Krise: Wie eine 20-jährige Endingerin ihren Alltag daheim gestaltet und was sie sich für die Zeit "danach" vorgenommen hat

Balingen-Endingen. Einige Menschen, zumeist Abiturienten, hat das Virus in einer Lebensphase erwischt, in der sie sich gerne ausprobieren und die Welt erkunden wollten. So beispielsweise Catherina Stotz, 20 Jahre alt, die mit ihren Eltern und einem jüngeren Bruder in einem Haushalt lebt. Sie ist von einem stark verkürzten Freiwilligendienst in Indien zurückgekehrt.  Wie gehen Sie mit der Co rona-Berichterstattung um? Ich schaue hauptsächlich die Tagesschau. Jetzt das erste Mal tatsächlich in meinem Leben regelmäßig. Ich finde, das Thema wird dort gut zusammengefasst, und es wird nicht so viel drum rum geredet. Trotzdem recherchiere ich manchmal noch zusätzlich im Internet zu bestimmten Themen, die mich interessieren. Oft schaue ich auch nach, wie es anderen Ländern außerhalb Europas oder Amerikas damit geht. Zum Beispiel afrikanischen Ländern. Denn über die wird leider oft nicht berichtet. Mich interessiert es einfach, wie die Regierungen dort mit dem Coronavirus umgehen und ich hoffe sehr, dass sie es dort in den Griff bekommen.  Was machen Sie nun den  ganzen Tag, da Sie ja Ihren  Freiwilligendienst abbre chen mussten?

Am Anfang hab ich zusammen mit meiner Mama ganz viel ausgemistet, den Keller aufgeräumt, geputzt und vor allem gekocht. Gleichzeitig habe ich darauf geachtet, dass ich mindestens ein Mal am Tag an die frische Luft gehe. Dann dachte ich, ich könnte eigentlich auch irgendwo helfen, und bin jetzt als Lotse in der Balinger Corona-Ambulanz tätig. Ich helfe dabei mit, dass alles reibungslos ablaufen kann, indem ich die Patienten aufrufe.  Haben sich Ihr Einkaufs-  oder Bestellverhalten ver ändert? Nein, eigentlich nicht. Außer, dass ich jetzt lieber mit Mundschutz und Handschuhen einkaufen gehe. Bis jetzt hab ich noch nichts bestellt, außer Eis, um meine Lieblings-Eisdiele in Balingen zu unterstützen.  Wie empfinden Sie Ihren  neuen Alltag? Sehr entspannt. Einsam bin ich zum Glück auch nicht, da ich ja mit meiner Familie im Haus lebe. Manchmal ist es doch schon etwas langweilig, denn irgendwann geht einem auch das Material zum Ausmisten oder Putzen aus.  Hat diese Krise Ihre Lebens-  und Urlaubspläne durchei nander gebracht? Oh ja, und wie. Ich hatte geplant, vom 1. März bis 22. April bei einem Sozialprojekt in Süd-Indien mitzuhelfen. Ich war sogar schon dort, leider nur zwei Wochen. Denn auch dort gab es kurz nach meiner Ankunft die ersten Corona-Fälle. Zwei andere Freiwillige und ich wurden mit einem der letzten Flüge zurück nach Deutschland geschickt. Das war knapp, denn zwei Tage später wurde der komplette Flugverkehr zwischen Indien und Europa eingestellt.  Sie haben Kontakt mit Men schen in anderen Ländern.  Was können Sie von dort  berichten? Wie geht es den  Leuten dort? Ich habe Kontakt zu einer Familie, die in Ghana lebt. Da stelle ich immer wieder fest, wie gleich die Menschen auf der ganzen Welt in so einer Situation handeln. Denn auch sie fangen an zu hamstern, Desinfektionsmittel zu bunkern und so weiter. Anscheinend hat jetzt auch Ghana einen Lockdown vollzogen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Falls das Virus sich dort weiter ausbreitet, wäre das meiner Meinung nach katastrophal, denn das Gesundheitssystem in Ghana ist nicht vergleichbar mit unserem.  Gibt es etwas, das Sie in die  Zeit "danach" mitnehmen  möchten? Haben Sie sich  Gedanken darüber ge macht, wie und ob Sie ihr  Leben vielleicht umkrem peln oder einwenig verän dern möchten? Ich möchte auf keinen Fall so weitermachen, und ich hoffe auch, dass die Menschen daraus lernen und etwas an ihrer Einstellung ändern. Da fällt mir als erstes ein, wie viele ausländische Arbeitskräfte wir haben und wie sehr wie sie tatsächlich brauchen. Das sieht man jetzt deutlich: Es fehlen Erntehelfer aus Osteuropa, Pflegekräfte und viele mehr. Was ich ganz besonders hoffe, ist, dass sie Menschen nun endlich einmal verstehen, was die wirklich wichtigen Berufsgruppen sind, welche essenziell sind und dennoch schlecht bezahlt wurden. Ja, ich spreche von den Pflegeberufen. Ich hoffe sehr, dass sich dort etwas an der Bezahlung ändert, und zwar nicht nur in dieser Krise. Ich persönlich möchte mich auch nach der Krise mehr um die Älteren und Einsamen kümmern. Außerdem möchte ich mein Fluggewohnheiten ändern, also weniger fliegen – weil ich es so toll finde, wie blau der Himmel ohne Kondensstreifen ist und dass Kinder in China das erste Mal draußen ohne Smog spielen können. Ich möchte, dass das so bleibt.