Anna Fischer und Manfred Stingel stehen im neuen Trachtenmuseum, das im Haus der Volkskunst in Dürrwangen untergebracht ist. Eröffnet wird es am Sonntag, 11. März. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder Bote

Ausstellung: Im Dürrwanger Haus der Volkskunst wird am 11. März das Trachtenmuseum eröffnet

Als Auftakt zum Programm des Kulturerjahres 2018 wird am Sonntag, 11. März, ab 11 Uhr im Haus der Volkskunst in Dürrwangen das Trachtenmuseum eröffnet. Die Dauerausstellung zeigt historische Kleidung, wie sie in Balingen und Umgebung getragen wurde. Neben rekonstruierten Trachtenteilen sind auch viele Originalstücke in der Sammlung zu sehen.

Balingen-Dürrwangen. "Die Zeit von 1750 bis 1850 war eine bunte Zeit. Die Trachten waren farbig, die Schränke waren farbig", sagt Manfred Stingel, Vorsitzender des Kulturrats des Schwäbischen Albvereins und Leiter der Volkstanzgruppe Frommern. Tulpen, Lebensbäume, Akanthusblätter und Ranken wurden von den Schreinern mit Kaseinfarben aufgemalt. "Doch nach der Revolution 1848 war die Farbe plötzlich weg", so Stingel weiter.

Er geht die Treppe voran nach oben, wo unter dem Dach das Trachtenmuseum seinen Platz gefunden hat und deutet im Vorbeigehen auf einen wuchtigen alten Schrank. Sein ganzes Leben habe er Schränke gesammelt, erzählt Stingel. Viele hat er so vor dem Sperrmüll bewahrt.

Schränke, Truhen und Himmelbetten seien früher von den Dorfschreinern in Handarbeit angefertigt und bemalt worden. Meist habe man zur Hochzeit die Möbel machen lassen. Oft seien die Namen der Eheleute und die Jahreszahl der Hochzeit aufgemalt worden. "Am Samstag kommt wieder ein Schrank, dann habe ich wieder ein Schätzchen", sagt Stingel und lacht unter seinem Schnurrbart.

In den Schränken jedoch hätten sich oft noch Kleidungstücke gefunden und mitunter habe er nachgefragt: "Gibt’s da noch mehr?" Schwungvoll öffnet er die Tür zum Trachtenmuseum unterm Dach und weist auf die verschiedenen Schneiderpuppen hin, die stoisch und stumm die Trachten tragen. "Wir wollen den Kindern zeigen: Guck, so waren sie früher gekleidet, so sind sie rumgesprungen." Die in Schränken oder alten Koffern gefundenen Kleidungsstücke dienten als Vorlage für die Tracht der Volkstänzer heute. "Seitdem lassen wir die Lederhose so nachschneidern." Kleine Schilder stehen erklärend vor den Puppen: "Bäuerliche Festtagstracht von 1850" etwa, oder "Württemberg – Gegend von Balingen – Bauernmädchen um 1790".

Der ledige Bursche trägt eine blaue Jacke mit eindrucksvollen Silberknöpfen, darunter lugt eine rote Weste hervor. Bei einem armen Kerle hätte es allerdings nur für Holzknöpfe gereicht. Erst zur Hochzeit wurde für den Mann ein Kirchenrock gefertigt. Die Hose aus Hirschleder reicht bis zu den Knien, die muskulösen Waden stecken in weißen Strümpfen – fesch! "Das war die Jeans der Mannen von früher", sagt Stingel.

Das weibliche Pendant trägt einen langen blauen Rock, ein fest geschnürtes rotes Mieder und auf dem Kopf brav eine adrette Haube. Die Farbe Lila war den verheirateten Frauen vorbehalten. So wie der Mann anhand seiner Silberknöpfe seinen Reichtum zur Schau stellte, so tat dies die Frau mit der Breite eines grünen Moireebandes am Halsausschnitt. Der Kirchenkonvent habe die Breite der Bänder und die Länge des Rockes überwacht und auch geprüft, ob das Haar der Frauen bedeckt gewesen sei. "Das waren früher unsere Sittenwächter, sozusagen die schwäbischen Mullahs", erklärt Stingel. Doch es wurde nicht nur Party gemacht auf der Zollernalb, denn harte Arbeit bestimmte das Leben. Das Blauhemd ist sozusagen der Vorreiter des Blaumanns. "Die Stoffe für die Blauhemden, die Röcke und die Schürzen können wir in unserer Weberei selbst herstellen", erklärt Anna Fischer, die Empirische Kulturwissenschaft studiert hat und zusammen mit Carmen Faust-Ellsässer das Trachtenwesen betreut.

Der Bedarf an "alten" Stoffen für die schwäbischen Trachten im Haus der Volkskunst führte zur Einrichtung der Weberei. Acht schwere Webstühle stehen im Dachgeschoss des Jetter-Hauses, neben dem Dürrwanger Rathaus eines der beiden Häuser der Gruppe, die als Kulturarchiv, musisches Bildungszentrum und Wanderheim des Albvereins und der Volkstanzgruppe dienen. Jeder Webstuhl hat seine eigene Geschichte und Besonderheit. So wurde etwa ein 200-jähriger Eichenwebstuhl aufwändig rekonstruiert und funktionsfähig gemacht. Um das "Bewusstwerden der eigenen Wurzeln" soll es mit der Eröffnung der Dauerausstellung gehen. Jung und Alt sollen am Sonntag, 11. März, ihre eigene Kultur kennenlernen. Auch das Möbel- und das Hirtenhornmuseum können an diesem Tag besucht werden.