Ohne Ohrmarken, dafür mit unsichtbarem Chip gekennzeichnet: die Uria-Rinder auf dem Hof von Familie Maier in Ostdorf. Foto: Ungureanu

Angeblich soll EU Gesetzesänderung zu Rinderkennzeichnung vorbereiten. Aus Brüssel wird dementiert.

Balingen - Das Regierungspräsidium Tübingen hat die Ausnahmegenehmigung für "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier zwar "kassiert", aber etwas macht dem Landwirt Hoffnung: eine geplante Bundesratsinitiative und ein Gerücht, das von Brüssel über Stuttgart zu ihm gelangt ist.

Es besagt, dass die EU an einer Gesetzesänderung in Zusammenhang mit der Kennzeichnungspflicht für Rinder arbeite. Nach geltendem EU-Recht sind zurzeit noch für jedes Rind zwei gelbe Plastik-Ohrmarken vorgesehen. Tierquälerei, meint Maier. Zudem unsicher, und darüber hinaus auch ein Gesundheitsrisiko für die Tiere.

Wie mehrfach berichtet, kennzeichnet Maier seine frei laufende Uria-Herde seit 14 Jahren mit elektronischem Transponder. Der Chip wird dem Tier unmittelbar nach der Geburt neben der Schwanzwurzel eingepflanzt – mit Ausnahmegenehmigung von Landrat Günther-Martin Pauli. Nach einer anonymen Anzeige hatte sich das Regierungspräsidium eingeschaltet und Paulis Sondergenehmigung nach längerem Hin und Her zwischen Tübingen, Stuttgart, Berlin und Brüssel zurückgenommen.

Aber ganz so einfach geht das nicht. Maier und sein Uria-Hof haben eine immer größere Lobby – auch in Stuttgart und Berlin. Und so kam es zu einer Bundesratsinitiative mit dem Ziel, Ausnahmegenehigungen für die Chip-Kennzeichnung von Rindern zu ermöglichen. Zur Sprache kommen sollte das in der nächsten Kabinettssitzung. Sollte sich das Gerücht bewahrheiten, wäre eine Bundesratsinitiative allerdings nicht mehr nötig, meint Maier. Aus Stuttgart habe er hinter vorgehaltener Hand erfahren, dass die EU an einer Gesetzesänderung arbeite, um die bisher nur für Zirkustiere und Pferde zugelassene Chip-Kennzeichnung auch für Rinder zu legalisieren.

Zunächst sei davon die Rede gewesen, dass es "schrittweise" ermöglicht werden solle, Rinder "auf freiwilliger Basis elektronisch zu kennzeichnen". Zusätzlich allerdings mit einer Plastik-Ohrmarke, die nach wie vor einzustanzen sei. Ob man sich jetzt in Brüssel auf die modernere und weniger schmerzhafte Kennzeichnung geeinigt habe? Er sei da "ein bisschen misstrauisch", räumt der Ostdorfer Landwirt ein. Und Recht hat er: Auf eine Kennzeichnung könne nach EU-Recht nur verzichtet werden, "wenn das Fleisch nicht auf den Markt kommt", teilt Regina Jehle vom Büro der CDU-Europaabgeordnete Elisabeth Jeggle mit. Der einzige Vorschlag, der im Europaparlament im Raum stehe, sei der, die Chip-Kennzeichnung nur mit einer zusätzlichen Ohrmarke zuzulassen. Aus Berlin sei aber signalisiert worden, dass Deutschland an der bisherigen Kennzeichnung mit zwei Ohrmarken und ohne Chip festhalte.

Landrat Günther-Martin Pauli hat dagegen, dass seine Ausnahmegenehmigung vom Regierungspräsidium "kassiert" wurde, Widerspruch eingelegt und überlegt sich rechtliche Schritte. Eingepflanzte Chips könnten in Schlachthäusern zum Problem werden, argumentiert er. Aber nicht bei den Einzelschlachtungen auf dem Ostdorfer Uria-Hof. Noch ein Argument hat Pauli in der Hinterhand: Der Uria-Hof von Ernst Hermann Maier sei nicht der einzige, der eine Sondergenehmigung für Chip-Kennzeichnung besitze. "Wir arbeiten dran, das Thema ist noch nicht vom Tisch", betonte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auch für Maier ist das Thema längst nicht erledigt: Für ihn, sagt er, gelte immer noch die vor 14 Jahren erteilte Sondergenehmigung. Und der neue Bundesminister, der in ein paar Tagen im Amt sein werde, könne schließlich auch "ganz legal" eine Ausnahmeregelung beschließen – "wenn er will".