Netto in Balingen und Weilstetten? Vorerst wird aus den Plänen der Volksbank nichts. Der Gemeinderat lehnt den Bau der Märkte ab. Foto: Maier/Montage: Klaiber

Keine Mehrheit iür Bau der beiden Märkte in Balingen und Weilstetten. Nicht nur für Volksbank ein Desaster.

Balingen - 15:15 – keine Mehrheit, und damit abgelehnt: Der Balinger Gemeinderat hat am Dienstagabend nach intensiver Diskussion den Plänen der Volksbank Balingen-Hohenzollern zum Bau zweiter Netto-Märkte die Zustimmung verweigert. Das ist insbesondere für die Weilstettener ein harter Schlag.

Die Volksbank-Vorstände Arndt Ständer, Joachim Calmbach und Franz Steinhart waren frohen Mutes in die Sitzung gegangen, nach der Abstimmung verließen sie die Stadthalle sichtlich enttäuscht. Sie hatten auf ein anderes Votum gesetzt, darauf, dass das Geldhaus mit den beiden Vorhaben in der anhaltenden Niedrigzinsphase einen neuen Geschäftsweg beschreiten könnte. Daraus wird nun nichts. Aus Sicht der Volksbank, die vor allem für das geplante Baugrundstück an der Wilhelm-Kraut-Straße in Balingen seit langer Zeit eine passende Verwendung sucht, ist das ein Desaster.

City als "Einkaufsstadt" in Gefahr?

Eben jener nahe der Balinger Innenstadt geplante Markt war es, der den Stadträten die größten Bauchschmerzen bereitete. Klaus Hahn (CDU) sagte, dass der Markt im Zentrum von Weilstetten für die Lebensmittelversorgung unbestritten dringend notwendig sei. Die Koppelung mit dem Markt in Balingen sei allerdings problematisch: Der Standort Steinle-Areal an der Wilhelm-Kraut-Straße sei laut Gutachter mit der bewährten Einzelhandelskonzeption nicht gänzlich kompatibel. Er sehe die Gefahr, dass diese Konzeption, die die Grundlage für den Erfolg der City als "Einkaufsstadt" sei, in Gefahr geraten könnte.

So sehr er den Markt für Weilstetten befürworte, so stelle er doch infrage, ob eine Netto-Niederlassung in Balingen das wert sei. Ganz ähnlich argumentierte Ulrich Teufel (SPD): Durch den Markt in Balingen würde die Einzelhandelskonzeption ausgehebelt. Dieser Preis sei zu hoch.

Netto-Markt besser mitten in der Stadt?

Werner Jessen (Freie Wähler) meinte, dass der Standort Steinle-Areal der falsche sei: überwiegend Fabriken, Gewerbe, Großhandel wie Möbel Rogg oder Schulen und Verwaltungsgebäude in der Nähe – aber kein Wohngebiet. Eine Nahversorgungsfunktion, die eine Ausnahme begründen könnte, sei für die Innenstadtbewohner damit nicht gegeben.

Besser wäre ein Netto-Markt am Stadteingang Nord oder aber mitten in der City aufgehoben. Vielleicht doch auf dem Strasser-Areal? Mit der angedachten Wohnbebauung im zweiten Obergeschoss sei das heute vielleicht denkbar, so Jessen.

Online-Handel die größere Herausforderung

Sevgi Turan-Rosteck (Grüne) hatte sich dagegen für den Bau beider Märkte ausgesprochen. Die Ausnahme in Balingen solle akzeptiert werden, um den Markt in Weilstetten zu ermöglichen. Für Weilstetten schlugen die Grünen zudem ebenfalls ein Wohngeschoss, Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach sowie die Entwicklung des Quartiers Grauenstein samt Verkehrsberuhigung vor. Diese Vorschläge gingen durch – nur fehlen nun wegen der Ablehnung des Markt die notwendigen Grundlagen.

Erwin Feucht von den Grünen kritisierte derweil das Vorgehen im Vorfeld. Dem Gemeinderat sei quasi die Pistole auf die Brust gesetzt worden: Ohne den Markt in Balingen werde auch jener in Weilstetten nicht verwirklicht. Grundsätzlich aber, so Feucht, gerate die Innenstadt durch einen 800-Quadratmeter-Netto nicht in Gefahr, da sei der Online-Handel die größere Herausforderung.

OB: der Wirklichkeit ins Auge schauen

Dietmar Foth hatte sich namens der FDP für den Bau der Märkte ausgesprochen. Beide seien ein Gewinn: Für Weilstetten, ohnehin, für die Balinger Innenstadtbewohner aber auch. Foths Meinung zufolge würde die Ansiedlung das Marktgutachten auch nicht in Gefahr bringen. So sah es auch der Weilstettener Ortvorsteher und CDU-Stadtrat Wolfgang Schneider: Durch die beiden Märkte bestehe die Chance, das Lebensmittelangebot in Balingen insgesamt zu verbessern.

Am Ende vergeblich versicherte Oberbürgermeister Helmut Reitemann, dass an der Einzelhandelskonzeption nicht gerüttelt werden solle. Man müsse der Wirklichkeit ins Auge schauen, und dieser Blick zeige, dass es trotz vieler Bemühungen bisher nicht gelungen sei, nach dem Aus von Rewe im CityCenter einen Lebensmittler in der Innenstadt anzusiedeln. Der Netto-Markt an der Wilhelm-Kraut-Straße sei keine Missachtung der Einzelhandelskonzeption, sondern eine Ausnahme – allein mit Blick auf die Lebensmittelversorgung. Diese Ausnahme aber wird es nun nicht geben.