Verein stemmt sich gegen Mitgliederschwund und Bedeutungslosigkeit. Kassiererin kündigt Rücktritt an.
Balingen - Ein Jahr will sich die Frauenliste Zeit geben und mit verschiedenen Aktionen verstärkt auf sich aufmerksam machen. Danach soll Bilanz und eventuell sogar ein Schlussstrich gezogen werden. Das wurde am Montag bei der Hauptversammlung beschlossen.
Vorsitzende Teresa Schmidt erinnerte daran, dass die Frauenliste im vergangenen Jahr nicht mehr zur Kommunalwahl angetreten war und nun nach 20 Jahren nicht mehr dem Balinger Gemeinderat angehöre. Viele Mitgliederinnen hätten "die Sinnfrage" gestellt und seien ausgetreten; die Mitgliederzahl sei von 66 auf nunmehr 45 gesunken. Immer wieder sei diskutiert worden, die Frauenliste zum Jahresende auslaufen zu lassen, so Schmidt weiter.
Davon will sie aber nichts wissen. Sie schlug vor, die Ziele der Frauenliste neu zu definieren und mit neuem Leben zu füllen. Wichtig sei, Mitglieder zu gewinnen, vor allem jüngere. Denn sie habe als Vorstandsmitglied gemerkt, wie viel Arbeit dahinter stecke, ein Programm auf die Beine zu stellen und auch umzusetzen.
Einig waren sich die Frauen, auch in diesem Jahr die Kinotage und die Bücher- und Spielwarenbörse zu veranstalten sowie einigen Organisationen zu spenden. Auch den Verkauf von verbilligten Karten fürs Eyachbad in der "Tafel" soll es wieder geben.
Große Hoffnungen setzt die Frauenliste auf eine neue Homepage, mit der sie vor allem jüngere Frauen erreichen und für die Kommunalpolitik gewinnen will. Zudem sollen künftig einmal im Monat so genannte Informationstreffen zu aktuellen Themen abgehalten werden. Davon gebe es genug, wie die ehemalige Gemeinderätin Margrit Weinmann-Mayer ausführte und unter anderem die Nutzung des Strasser-Geländes und die Ausstellungen in der Stadthalle nannte. Zu diesen Treffen sollen eventuell Experten oder Gemeinderäte kommen, eingeladen seien natürlich alle interessierte Frauen.
Während Kassenprüferin Monika Vogel die geplanten Aktivitäten begrüßt, um dadurch zu zeigen, "dass es die Frauenliste noch gibt und sie nicht tot ist", äußerte sich Edith Buck skeptisch. In den vergangenen Wochen hätten sich die Mitglieder nicht mehr zur kommunalpolitischen Arbeit getroffen, sondern seien nur noch wohltätig gewesen. Sie befürchte, dass "wir eher weniger werden als mehr" und keine Kandidatinnen für eine mögliche Kandidatur bei den nächsten Kommunalwahlen fänden. Dennoch seien für sie die geplanten Informationstreffen ein "Angelhaken".
"Ich sehe keinen Sinn darin", hielt dagegen Kassierin Barbara Zinser fest. Die Frauenliste sei "eine tolle Idee gewesen", doch nun sehe es danach aus, dass sie nicht mehr nötig sei: "Ich stehe nicht mehr voll dahinter", hielt sie fest und kündigte gleichzeitig an, dass sie ihr Amt zum Jahresende abgibt.
Abschließend gab Teresa Schmidt das Motto aus: "Haben wir den Mut, aktiv zu werden." Ein Versuch sei es wert. Ein Jahr Zeit will sie der Frauenliste für die Umsetzung ihrer Vorhaben geben.
Kommentar
Der Balinger Frauenliste laufen die Aktivistinnen davon. Begeisterung und Motivation sehen auch anders aus: Nur neun Frauen waren zur Hauptversammlung gekommen, von denen gerade einmal fünf zugesagt haben, sich dafür einzusetzen, wieder stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Die Vorzeichen sind nicht erfolgsversprechend, dass es mit der Frauenliste wieder nach oben geht und sie weiter daran arbeiten kann, die Kommunalpolitik weiblicher zu gestalten. Unter dieser Prämisse war sie 1993 angetreten. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht mehr im Balinger Gemeinderat vertreten ist und so keine Plattform mehr hat, ihre Vorstellungen und Ideen darzustellen.
Als kommunalpolitische Kraft hat die Frauenliste ausgedient – es sei denn, es geschieht ein Wunder und es bewahrheitet sich, dass Totgesagte länger Leben.