Erreichbarkeit für Lieferanten oft unklar. Stadt: "Können nicht überall Schilder aufstellen."
Balingen-Weilstetten - Seit Monaten wird an der Weilstetter Nordwestumfahrung gebaut. Die Bauarbeiten sind mit Beeinträchtigungen verbunden: Zuerst war wegen des Kreisverkehr-Baus die Zufahrt von Weilstetten in Richtung Balingen oder Albstadt von April bis Juli gesperrt. Seit 10. September ist nun die L 442 zwischen Roßwangen und Weilstetten dicht. Statt drei Kilometern Fahrt von Weilstetten nach Roßwangen muss man derzeit ungefähr das Dreifache in Kauf nehmen.
Die Umleitung führt, wie so oft in den vergangenen Monaten, über die B 27. Lange Rückstaus aus Richtung Balingen und Erzingen sind die Folge. Aber auch die Anlieger in Weilstetten leiden unter der Sperrung, vor allem die betroffenen Firmen in den Gewerbegebieten "Rote Länder" und "Kuhwasen". Denn nicht immer ist klar, wie ein Betrieb angefahren werden muss.
Zu einigen Firmen auf der Weilstetter Seite ("Kuhwasen") - etwa der Edeka-Großmarkt - gelangt man aktuell, indem man beim Gasthaus Ritter auf die Roßwanger Straße abbiegt. "Unser Markt ist natürlich auch von den Baumaßnahmen betroffen", heißt es von der Pressestelle bei Edeka Südwest zur aktuellen Lage. "Dadurch ist die Anfahrt für Kunden erschwert und der Lieferverkehr wird beeinträchtigt."
"Die irren umher, jeden Tag", erzählt Dieter Kübler, Geschäftsführer der Firma Kübler GmbH im Weilstetter Gewerbegebiet "Ziegelwasen". Dieses ist von der Sperrung zwar nicht betroffen, allerdings müssen dortige Mitarbeiter regelmäßig Lkw-Fahrer darüber aufklären, wie sie Unternehmen im Gewerbegebiet "Rote Länder" erreichen können. "Teilweise müssen wir sie wieder nach Balingen zurückschicken, weil die betroffenen Firmen aktuell von Weilstetten aus nicht zu erreichen sind."
Bestätigen kann dies auch Volker Meyer vom Atelier Türke. Zu dem Unternehmen für Logistik und Messebau im Gebiet "Rote Länder" gelangt man aktuell nur aus Richtung Roßwangen kommend. Sein größter Kritikpunkt: "Auf die Sperrung wird auf der B 27 aus Richtung Tübingen nicht ausreichend hingewiesen." Die Firma, die von zahlreichen Speditionen beliefert wird, müsse sich immer wieder anhören, wie kompliziert derzeit die Anfahrtswege seien. Zu Recht, findet Meyer, denn: "Mit so einem Riesen-Lkw kann man nicht plötzlich spontan umdrehen."
Ist Umleitung irreführend ausgeschrieben?
Apropos Umleitung: Wer auf der B 463 von Balingen in Richtung Weilstetten fährt, sieht an der Abfahrt Weilstetten den Pfeil in Richtung Rottweil und verlässt die Bundesstraße in dem Glauben, die L 442 sei befahrbar. Erst nach dem Ortseingang von Weilstetten, beim Anker, sieht man, dass die Straße gesperrt ist. Aus Richtung Lochen kommend wiederum heißt es am Ortseingang von Weilstetten nur "Roßwangen Umleitung" - aber nicht, wo genau diese Umleitung verläuft. Will man ins Gewerbegebiet "Kuhwasen" zum Edeka-Großmarkt, muss man beim Gasthof Ritter abbiegen. Kompliziert wird es, wenn Lastwagen aus Richtung Balingen beziehungsweise Albstadt beim Ritter nach rechts fahren wollen, denn kurz nach dem Abbiegen verstellt ein "Gesperrt"-Schild die rechte Fahrbahnseite. Das führt häufig zu brenzligen Situationen. "Wenn dann auch noch falsch abgebogene Lastwagen umdrehen wollen, geht zeitweise gar nichts mehr", spricht Dieter Kübler aus Erfahrung.
Bei der Stadt Balingen sieht man das gelassen. "Die Umleitung ist klar ausgeschildert", befindet Stadtsprecher Jürgen Luppold und fährt fort: "Die Autofahrer werden rechtzeitig über die Sperrung informiert." Ihm zufolge hätten vielmehr die betroffenen Firmen ihre Lieferanten über die geänderten Anfahrtswege aufklären sollen. Das liege nicht in der Verantwortung der Stadt. "Wir können nicht überall Schilder aufstellen."
Darüber kann Karl Stingel, Senior-Chef bei Stingel Fruchtsäfte im Gewerbegebiet "Kuhwasen", nur den Kopf schütteln. Als er im Sommer von der fast dreimonatigen Sperrung erfahren hat, habe er bei der Stadt Balingen sofort Veto eingelegt und eine halbseitige Sperrung angeregt. "Das wäre im Sinn aller beteiligten Firmen und sicherlich machbar gewesen", ist er sich sicher. Sein Wunsch wurde nicht erfüllt.
Einen Tag lang komplett gesperrt
Umso ärgerlicher für den Betrieb, dass die Sperrung ausgerechnet zur Erntezeit eingerichtet wurde, "wo wir dieses Jahr sowieso so viel Obst haben." Die Umsatzeinbußen machen sich bereits bemerkbar. "Vielen sind die Anfahrtswege zu weit und sie weichen auf andere Anbieter aus", resümiert Stingel.
Als wäre das nicht genug, seien die Firmen im Gebiet "Kuhwasen" diese Woche vom Tiefbauamt darüber informiert worden, dass die L 442 und damit die Zufahrt von Roßwangen aus kommende Woche für einen Tag lang komplett gesperrt werde. Getränke Kommer und GK Werbetechnik können an diesem Tag nur über ein eigentlich für den Verkehr gesperrtes Wohngebiet sowie über den Hof von Fruchtsaft Stingel angefahren werden. "Eine Riesen-Sauerei von der Stadt!", so das Fazit von Stingel zur aktuellen Verkehrssituation.
Immerhin: Ein Ende ist in Sicht. Laut Jürgen Luppold verlaufen die Bauarbeiten bislang absolut planmäßig. Damit könne der Zeitplan, die Sperrung Mitte bis Ende November aufzuheben, eingehalten werden.