Die Reutlinger Asylpfarrerin der Prälatur Reutlingen Ines Fischer spricht in Balingen zum Thema "Seenotrettung". Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Asylpfarrerin Ines Fischer informiert über die "Seenotrettung" im Mittelmeer

Um das Thema Seenotrettung ist es bei einer Infoveranstaltung der Diakonischen Bezirksstelle Balingen und des Arbeitskreises Asyl in Balingen gegangen. Es referierte Ines Fischer, Asylpfarrerin der Prälatur Reutlingen.

Balingen. "Seenotrettung geht uns politisch und menschlich etwas an", hieß es. Nach knapp einer Woche des Wartens hätten wieder rund 60 Menschen auf einem Boot der privaten Seenotrettung in einen sicheren Hafen in Italien einlaufen können. Auch wenn das Thema momentan wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sei, sei es doch brandaktuell.

"Die Menschen, die sich auf Holz- und Schlauchbooten auf den Weg übers Mittelmeer machen, machen das nicht in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie machen das in der Hoffnung zu überleben", erklärte Ines Fischer vor rund 40 Interessierten.

In ihrem Vortrag erinnerte sie an die Anfänge der Seenotrettung im Mittelmeer – als 2013 die italienische Küstenwache die Operation "Mare nostrum" ins Leben rief und innerhalb eines Jahres rund 150 000 Menschen vor dem Ertrinken rettete. Dann wurde die Operation eingestellt. Zu schwierig und zu teuer sei es für Italien, diese Aufgabe allein zu stemmen, so die Begründung.

Als Reaktion startete die EU die Operation Triton mit der Priorität, Schleuser zu verhaften, nicht jedoch Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Ab 2015 nahmen sich private Nichtregierungsorganisationen (NGO) dem Problem an. Organisationen gründeten sich und entsandten Schiffe, um Geflüchtete zu retten.

Seit dem vergangenem Jahr, so Fischer, sähen sich private Seenotretter mit einer zunehmenden Kriminalisierung konfrontiert. Mit dem Fall Carola Rakete im Juni 2019 habe die diese einen neuen Höhepunkt erreicht.

Die Situation von Flüchtlingen im Mittelmeer "geht uns alle etwas an", so die Asylpfarrerin. Derzeit seien nur noch drei Organisationen aktiv. Noch immer seien Strafverfahren gegen Crewmitglieder nicht abgeschlossen, Freisprüche seien wahrscheinlich, doch die Prozesskosten seien hoch.

Mit der Übertragung der Seenotrettung an die libysche Küstenwache sei die EU "aktiv am Ertrinken beteiligt", betonte Fischer. Libyen sei kein funktionierender Staat, die Menschenrechte in den Lagern nicht gewährleistet. Von Misshandlung, Folter und sexueller Ausbeutung sei die Rede. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die für die Ausbildung der libyschen Küstenwache zuständig sei, solle in den nächsten Jahren auf bis zu 1,9 Milliarden Euro aufgestockt werden. "Einige Mitglieder der Küstenwache sind vor dem Internationalen Strafgerichtshof bereits wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt", erklärte Fischer.

Sie wünsche sich ein genaueres Hinsehen der Politiker, was dort mit EU-Steuermitteln finanziert wird. Denn: "Im Mittelmeer findet ein klarer Rechtsbruch statt, da laut Genfer Flüchtlingskonvention niemand an einen Ort zurückgebracht werden dürfe, an dem die Menschenrechte nicht eingehalten werden."

Im Anschluss wurde diskutiert. "Es ist unser Ziel, Balingen zum Sicheren Hafen zu machen" betonte der Balinger Stadtrat der Grünen, Erwin Feucht.