Kämpfer für Tierwohl: Ernst Hermann Maier Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Debatte: Der Ostdorfer Rinderhalter ist als Dozent zu Gast beim Verein Regionalgenial im Wartesaal des Balinger Bahnhofs

Balingen. Auf Einladung des Vereins Regionalgenial Zollernalb hat Ernst Hermann Maier im Wartesaal des Balinger Bahnhofs von seinem Rinderzuchtprojekt berichtet – dem, wie er es nennt, "Wunder von Uria".

In Ostdorf hält Maier seine Rinder ganzjährig auf der Weide, setzt ihnen, statt der üblichen gestanzten Ohrmarken einen schmerzlosen Chip zur Kennzeichnung ein und erlegt sie in einer eigens dafür entworfenen mobilen Schlachtbox direkt auf dem Feld. Der kompromisslose Einsatz für einen artgerechten und respektvollen Umgang mit seinen Rindern hat Ernst Hermann Maier zum Symbol für eine alternative Tierhaltung gemacht. Oft ist er in der ganzen Bundesrepublik unterwegs um von seinen Erfahrungen und dem langen Kampf gegen die Bürokratie zu berichten.

"Seit dem 15. Oktober 1986 habe ich nie wieder ein Tier lebend zum Schlachthaus transportiert", erzählte er den rund 20 Gästen im Wartesaal. "Diesen Tag werde ich nie vergessen", so Maier weiter: "Wir hatten zu dritt mehrere Stunden lang versucht, einen Bullen in einen Transporter zu verfrachten. Es war unmöglich, schließlich mussten wir ihn erschießen. Am Ende dachte ich, dass wir uns den Kampf alle hätten ersparen können, wenn das Tier direkt aus seinem gewohnten Umfeld heraus erlegt wird."

Das Recht, seine Tiere direkt auf der Weide zu schlachten, ohne ihnen Stress und Angst zuzumuten, musste sich Ernst Hermann Maier in jahrelangem Rechtsstreit erkämpfen. Zu einem hohen Preis, wie er heute sagt.

Der lebende Transport ins Schlachthaus war vorgeschrieben, die Schlachtung vor Ort wurde nicht genehmigt. So wuchs die Herde ohne Gewinn zu erwirtschaften immer weiter an. Gleichzeitig wurden Fördermittel gestrichen. 13 Jahre lang führte er einen Rechtsstreit um eine Schießgenehmigung, die ihm 2000 erteilt wurde. Auch für die alternative Kennzeichnung gibt es eine Genehmigung.

Doch die lange Zeit ohne Einnahmen kostete Ernst Hermann Maier beinahe seine Existenz. Eine beispiellose Initiative – ausgelöst durch einen Leserbrief in der Zeitung – rettete damals sein Projekt und verhinderte eine drohende Zwangsversteigerung des Hofs und der Liegenschaften. "Wir nennen dies das "Wunder von Uria". Viele Menschen haben mit diesem ganz direkten Einsatz gezeigt, dass sie eine Bürokratie, die sich nicht am Tierwohl orientiert, ablehnen", sagte Ernst Hermann Maier.

Seine Herde ist wohl das bekannteste Rinderhaltungsprojekt in Deutschland. "Bei der Mutterkuhhaltung bleiben die Kälber bei der Kuh. Es wird keine Milch produziert, verkauft wird nur das Fleisch. Da unsere Uria-Rinder das ganze Jahr über auf der Weide bleiben, sind sie sehr robust und gesund. Billigfutter und Hormone gibt es bei uns nicht", so Maier. Die Hörner werden nicht gestutzt, die Tiere bleiben im Familienverbund und statt der Ohrmarken tragen seine Tiere einen Chip, den sie nicht spüren, der ihre Herkunft jedoch ganz genau belegt.

Mittlerweile gibt es rund 1000 Betriebe, die auf ähnliche Weise wirtschaften. Und immer wieder interessieren sich Menschen für sein Modell, das er der Öffentlichkeit gerne zugänglich macht. Der 1995 gegründete Verein Uria setzt sich darüber hinaus für Nutztierhaltungsbedingungen ein, die sich an den Bedürfnissen der Tiere orientieren. Dazu gehören die Abschaffung der Schlachttiertransporte sowie eine Reform der Kennzeichnung von Klauentieren.