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Illegale Entsorgungen im großen Stil. Verständigung mit Geschäftsführer der Balinger Firma kommt nicht zustande.

Balingen/Hechingen - Vier der fünf Angeklagten im Prozess um die illegale Entsorgung von Abfällen im großen Stil haben am Mittwoch einer Verständigung zugestimmt – nur der Hauptbeschuldigte, der Geschäftsführer der Balinger Firma, nicht. Dem Mann droht womöglich eine Gefängnisstrafe.

Amtsrichter Wührl hatte sich nach dem Auftakt der Verhandlung im Mai Gedanken gemacht, was aus seiner Sicht im Fall einer Verständigung als Strafe für die Angeklagten – neben dem Geschäftsführer dessen Ehefrau sowie drei Mitarbeiter – infrage kommen könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptbeschuldigten eine Bewährungsstrafe zwischen zwischen einem Jahr, sechs Monaten und einem Jahr, acht Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet. Dies auch angesichts des Umstands, dass die Taten teilweise lange zurückliegen und das Verfahren seit Jahren liegengeblieben ist – die älteste der drei Anklagen stammt aus dem Jahr 2013.

Richter Wührl sieht es offensichtlich strenger: Seiner Meinung nach komme für den Geschäftsführer eine Freiheitsstrafe zwischen zwei Jahren, drei Monaten und zwei Jahren, sechs Monaten in Betracht – ohne Bewährung.

Hätte der Angeklagte das am Mittwoch akzeptiert, wäre er direkt ins Gefängnis gewandert. Hat er aber nicht. So steigt das Gericht nun in die Beweisaufnahme ein – Ausgang offen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit aber wird der Geschäftsführer, der vor Gericht bisher keine Angaben machte, bei einer Verurteilung eine Strafe in dem von Richter Wührl abgesteckten Rahmen erhalten. Das Urteil fällt womöglich kommende Woche, Mittwoch, 13. Juni.

Abpumpen in öffentliche Kanalschächte war Usus

Einem Mitarbeiter wird vorgeworfen, er habe in mehr als 200 Fällen Fäkalien sowie Öl- und Fettabscheiderinhalte illegal in die öffentliche Kanalisation abgepumpt. Der Mann, der einer Verständigung zustimmte und den nach der Vorstellung von Richter Wührl eine Bewährungsstrafe samt Geldauflage erwartet, räumte die Taten am Mittwoch ein.

Die widerrechtliche Entsorgung war demnach Usus. Er habe gehandelt, "ohne groß nachzufragen", getan, "was mir aufgetragen wurde", um nicht Gefahr zu laufen, seinen Job bei dem Balinger Entsorgungsunternehmen zu verlieren. Sein Chef habe ihm nicht jedes Mal eine ausdrückliche Anweisung dazu gegeben, aber sehr wohl Kenntnis von den Vorgängen gehabt. Das Abpumpen in die öffentliche Kanalisation sei "fester Bestandteil der Arbeit" gewesen; Sonderzahlungen habe er dafür nicht erhalten.

Bei den illegalen Entsorgungen der Fäkalien sowie der Öl- und Fettabscheiderinhalte über zu diesem Zweck geöffnete Schachtdeckel habe er, sagte der Mitarbeiter, indes darauf geachtet, immer ordentlich nachzuspülen, damit die Kanäle nicht verstopften oder es übermäßig stank. Zudem habe er Sorge dafür getragen, nur in solche Kanäle einzuleiten, die zu Kläranlagen – und nicht etwa in Bäche – führten. Bei den Fäkalien habe er sich keine großen Gedanken gemacht und sich eingeredet, dass aus den Toiletten von Wohnhäusern ja auch nichts anderes eingeleitet werde. Bei den Öl- und Fettabscheiderinhalten habe er dagegen ein schlechtes Gewissen verspürt. Heute wisse er, sagte der Mann, dass er falsch gehandelt habe. Er sei froh, dass keine großen Umweltschäden entstanden seien.

Per Beschluss eingestellt worden ist das Verfahren am Mittwoch gegen die Geschäftsführerin sowie zwei weitere Mitarbeiter. Die Frau war des unerlaubten Umgangs mit Abfällen sowie unerlaubten Betreibens von Anlagen angeklagt, die Männer der Beihilfe zum unerlaubten Umgang mit Abfällen. Die Geschäftsführerin muss eine Geldauflage von 4000 Euro zahlen, die beiden Männer müssen 300 beziehungsweise 1080 Euro berappen.