Frontmann Klaus Eberhartinger treibt eine Sau über die Bühne der Balinger Volksbankmesse. Foto: Thiercy

Österreichische Kultband begeistert mit ihrem Rocktheater in der ausverkauften Volksbankmesse.

Balingen - Das muss man auch erstmal bringen: sich zum eigenen Liveauftritt im Sarg auf die Bühne tragen zu lassen. Klaus Eberhartinger, Frontmann der Gruppe "Erste Allgemeine Verunsicherung" (EAV), hat das in der Balinger Volksbankmesse gebracht und weit über zwei Stunden lang quicklebendig die Fans mitgenommen auf eine Zeitreise durch "1000 Jahre EAV". Anders gesagt: die Truppe ist auf Abschiedstour – ihrer er ersten.

"Alles ist erlaubt": Das Tourmotto auf Eberhartingers schwarzem T-Shirt verschwand bei fast jedem Song aus den mittlerweile 41 Jahren Bandgeschichte unter einem anderen Kostüm. Die Trauergemeinde war begeistert und feierte Hits, die die Österreicher groß gemacht haben; etwa "Ba-Ba-Banküberfall" oder "Küss die Hand, schöne Frau".

Seit den 1980ern reiten die Österreicher damit ganz oben auf der Erfolgswelle, und können doch auch ganz anders: Sozialkritisch. Makaber. Mit einem Augenzwinkern.

Am Anfang ihrer Karriere brachte das atomkraftkritische Lied "Burli" den Musikern einen Platz auf der roten Liste vieler Radiosender ein. Trotzdem wurden ihre Lieder Hits, die bis heute ziehen.

Gemischt mit den neuen Stücken von ihrem brandneuen Album sorgten sie für allerbeste Stimmung bei den Scharen, die am Freitagabend zum Teil hunderte Kilometer weit nach Balingen gepilgert waren. Die Band war 1977 als linksliberales, anarchistisches Musikrocktheater an den Start gegangen.

Eberhartinger plauderte aus dem Nähkästchen: Davon, wie es anfangs war, kein Geld zu haben. Dann erfüllte sich der Traum: Die EAV trat im Radio und sogar im Fernsehen auf. Vier Jahrzehnte später weiß die Truppe immer noch, wie man die Fans von den Sitzen reißt.

Einen Trick der Politik hat die EAV längst durchschaut: "Eine Hand wäscht die andere, das Volk wird eingeseift." Auf der Bühne der Politik regierten die Meister der Magie, die "Unehrlich Brothers" ließen Millionen verschwinden.

Ganz dick bekommen es traditionell die US-Präsidenten ab. Der erste, dem die Österreicher einen Song gewidmet haben, war George Bush. Dass er den mal vermissen würde, hätte er nicht gedacht, so Eberhartinger. Aber nun habe da drüben, im großen Disneyland, Entenhausen für Donald gestimmt. Tosender Applaus für das Lied über den "Horrorclown am roten Knopf" und die "Frohnatur mit Strohfrisur".

Bissig sind sie, die Verunsicherer, politisch, ganz nah am Zeitgeschehen – auch wenn der Frontmann scherzt, dass er in seinem Alter mit der Hand im Blumentopf schlafe, um sich schon mal an die Erde zu gewöhnen.

Die Band ist alles andere als tot, im Gegenteil: Sie berührt. Dann nämlich, wenn sie daran erinnern, dass die Menschen in Zentraleuropa seit 70 Jahren in Frieden leben. Da sei ein bisschen Platz für Dankbarkeit schon angebracht. Und die Warnung vor einem neuen Erreger, schlimmer als Pest und Cholera, der dabei sei, Europa zu verseuchen: der "Bazillus Nationalis", ein braunes Pilzgewächs.

Ohne Pause ziehen die Legenden den Auftritt durch und liefern nach zwei Stunden quicklebendig "Küss die Hand, schöne Frau". Ein echtes Schauspiel, wenn im Rotlichtmilieu der Unterweltfrosch Karl Quappone die Kröten zücken muss, um die Gunst der Prinzessin vom Gewerbe zu erlangen.

Die Gunst der Fans hat die EAV. Da ist ans Aufhören nicht zu denken, und so werden die Musiker mit dem Tourbus weiter auf Abschiedstournee gehen. Ihrer ersten eben.