Das wenige Tage alte Kälbchen genießt die Streicheleinheiten von Landwirt Ernst Hermann Maier und fühlt sich auf dem Uriahof pudelwohl. Kein Wunder, denn es kann sich auf dem riesigen Gelände frei bewegen und muss keine EU-Ohrmarken tragen. Foto: Ungureanu

Landrat Günther-Martin Pauli stärkt Ostdorfer "Rinderflüsterer" im Streit um EU-Regelung den Rücken.

Balingen - Bis zum 18. August sollte Landwirt Ernst Hermann Maier seinen Rindern EU-Ohrmarken verpassen. So die Anweisung des Regierungspräsidiums ans Landratsamt aufgrund einer anonymen Anzeige. Maier will das nicht. Er will, dass seine Tiere so frei wie möglich leben und so natürlich wie möglich – ohne Ohrmarken.

 

Die Frist ist abgelaufen, und bislang hat Maier von Seiten der Behörden nichts gehört. Außer, dass Landrat Günther-Martin Pauli voll zu der Ausnahmegenehmigung steht, die seit 14 Jahren in Kraft ist. "Ich glaube nicht, dass da noch was kommt", sagt Uriahof-Besitzer Maier. Das Thema sei im Vorfeld der Bundestagswahl "politisch zu brisant": "Wenn uns Druck gemacht wird, müssten wir uns in einer Tierschutzangelegenheit mit einer grün-roten Regierung herumschlagen." Und ausgerechnet die Grünen seien es, die mit Wahlplakaten in die Bundestagswahl gingen, auf denen eine Kuh abgebildet sei – ohne EU-Ohrmarken.

Auch der Tübinger Regierungspräsident Hermann Strampfer, der ja dem Landratsamt das "Ultimatum" gestellt hatte, sei inzwischen überzeugt, dass elektronische Chips zur Kennzeichnung der Rinder besser und zuverlässiger seien als die eingestanzten Ohrmarken – nicht nur aus Gründen des Tierschutzes.

Dass das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium nach dem Anschreiben Strampfers in Berlin nachgefragt habe, findet Maier "seltsam": "Sie sollten in Stuttgart genug Hintern in der Hose haben, um das selbst zu entscheiden", sagt er.

Die "Rückforderungen in Millionenhöhe" durch die EU, mit denen gedroht werde, seien kein Argument: "Eher das Umgekehrte ist der Fall: Wir haben seit 14 Jahren eine rechtskräftige Ausnahmegenehmigung. Wenn die rechtswidrig ist und die Entscheidung der Behörden falsch war, kann die EU für diese 14 Jahre Rückforderungen geltend machen." Die Behörde habe es die ganzen Jahre über gewusst und geduldet.

Dass die Öffentlichkeit mit großer Mehrheit auf seiner Seite steht, stimmt Maier zuversichtlich: "Man kommt um Uria nicht mehr so richtig rum", sagt er. Für den 12. September ist er zu einer Podiumsdiskussion der Grünen in Biberach an der Riß eingeladen: "Es geht um Tierschutz." Und für die kommende Woche hat sich das ZDF angekündigt: Ein Film über den "Rinderflüsterer von Ostdorf" soll ausgestrahlt werden und damit den Mann, der sich mit der übermächtigen EU anlegt, um seine Tiere zu schützen.

Der Balinger Landrat Günther-Martin Pauli stellt sich derweil voll und ganz hinter Maiers Position: Am 15. August hat er in einem Schreiben an Regierungspräsident Strampfer betont, dass er keine Veranlassung sehe, die von ihm erteilte Ausnahmegenehmigung zurückzunehmen. Eben so wenig sehe er eine Veranlassung, bei dem Ostdorfer Landwirt Ernst Hermann Maier die EU-Ohrmarkenregelung durchzusetzen.