Diskutieren über E-Mobilität: der Bundestagskandidat Johannes Kretschmann (großes Bild) und der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (unten, Zweiter von links). Screenshot: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Verkehr: Matthias Gastel und Johannes Kretschmann (Grüne) diskutieren über die Zukunft der Mobilität / "Von Märkten abhängig"

Mobilität sichern, dabei Klimaziele erreichen: Der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Grüne) und Johannes Kretschmann, Bundestagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen, haben online über sauberes Autofahren und andere Formen der Mobilität diskutiert.

Zollernalbkreis/Sigmaringen. 30 Prozent der Treibhausgase, sagt Gastel, entstünden durch den Verkehr. Er weiß, wovon er spricht. Er hat sich als Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur und als bahnpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen eingehend mit dem Thema befasst. Die Verkehrswende, sagt er, sei viel komplexer als die Energiewende. Letztere ersetze die eine Technologie durch eine andere. Die Mobilitätswende finde hingegen im Kopf statt, es gehe um eine bewusste Entscheidung für ein bestimmtes Verkehrsmittel.

Was haben zehn Jahre grün-geführte Regierung in Baden-Württemberg gebracht? Der Bahnverkehr sei um 20 Prozent ausgeweitet worden, derzeit gehe es um die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. Es gehe auch darum, die Fahrrad-Infrastruktur zu prüfen. Und es gehe um die versprochene Mobilitätsgarantie im ländlichen Raum: ein Angebot im Stundentakt von fünf Uhr morgens bis Mitternacht. "Wir haben es in der Hand, in welchem Umfang wir das Auto nutzen", sagte Gastel.

Aber welcher Antrieb ist zukunftsfähig? Alternative oder synthetische Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren? Da gebe es nicht nur die Diskussion "Teller oder Tank", sondern auch Bedenken wegen der hohen Umwandlungsverluste bei der Herstellung und Verbrennung. Das Gleiche gelte für die Brennstoffzellen-Technologie: Der Wasserstoff, der für die Stromerzeugung benötigt werde, werde derzeit mit Erdgas hergestellt, "ist praktisch fossil". Den höchsten Wirkungsgrad habe man bei rein batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen. Die Zahl der Hersteller nehme zu, die Entwicklung bei den Batterien sei "rasant", derzeit gebe es bereits Batterien ohne Kobalt, mit weniger Lithium, zum Teil sogar recycelbar.

Verlust von Arbeitsplätzen? Die Autos aus Deutschland gingen zum größten Teil in den Export, und mehr als ein Dutzend der Länder, die Autos importieren, hätten bereits erklärt, aus dem Verbrennungsmotor auszusteigen: "Wir sind von den Märkten abhängig. Und wir wollen, dass Deutschland und Baden-Württemberg vorne mit dabei sind." Freilich – es werde auf dem Arbeitsmarkt Veränderungen geben. Aber es würden auch viele neuen Arbeitsplätze geschaffen: "Unterm Strich gewinnt man." Fakt sei: "Mit Beharren auf jetzigen Technologien kann man keine Arbeitsplätze erhalten."

Kretschmann ging auf das kürzlich verabschiedete Lieferkettengesetz und die Kritik ein, dass bei der Gewinnung der Rohstoffe unter menschenunwürdigen Bedingungen gearbeitet werde. "Was ist die Alternative?", fragte er. "Etwa Öl aus Ländern, in denen es die Todesstrafe gibt, und Terrorismus?" Die Umstellung könne man der Wirtschaft zumuten. Dazu müsse man sich mit der Autolobby anlegen. "Dann knirscht es, es gibt Konflikte, aber das Umdenken findet gerade statt."

Sein Traum: Strom für Elektromobilität aus Bürgerhand. Die Förderung für Elektroautos gehe Hand in Hand mit der Förderung für Photovoltaik: Strom vom Dach des Carports fürs eigene Elektroauto, und eventuell sogar für den Nachbarn. Europaweit. Schmunzelnd erzählt Kretschamnn dabei auch, wie er bisweilen noch als Radfahrer bemitleidet werde: "Immer wieder halten Autofahrer an und wollen so nett sein, mich mitzunehmen."

Den Argumenten, die Ladeinfrastruktur sei nicht vorhanden und die Reichweite bei E-Autos zu gering, widerspricht Gastel: 14 500 Tankstellen gebe es in Deutschland, und 37 000 Normalladepunkte. Stimmt, Laden dauere länger als Tanken. Aber "die Behauptung, da wäre nichts gelaufen, stimmt nicht. Da geht was, da ist einer Menge Musik drin."

Benzin und Diesel würden in Zukunft teurer, Strom eher billiger, weil die EEG-Umlage nach und nach wegfalle. Und was die Reichweite angehe: Die meisten Menschen würden nachweislich nur kurze Strecken fahren. Wichtig ist ihm, "dass alle mitmachen, die keine Argumente dagegen haben". Wovon er überzeugt ist: "Neue Straßen lösen das Verkehrsproblem nicht."