So möchte der Zirkus gerne gesehen werden: als große Familie, die den Zuschauern Freude bringt. Doch an diesem Bild wird gekratzt. Foto: Bodmer

Befürworter und Gegner der Wildtierhaltung in Zirkussen melden sich bereits Wochen.

Balingen - Zirkusse haben seit geraumer Zeit keinen leichten Stand – erst recht in Balingen: Nach den Vorfällen beim Circus Rudolf Busch im April blicken nicht nur Tierschutzaktivisten dem Gastspiel des Münchner Circus Krone skeptisch entgegen.

Der eigenen Worten zufolge "größte Zirkus Europas", einer von rund 300 in Deutschland, gastiert vom 29. Juni bis 3. Juli auf dem Balinger Messegelände. Kritik und Skepsis begegnet das Familienunternehmen offensiv mit Informationen.

Marketing-Leiter Markus Strobl hat von dem Ärger während des Aufenthalts des kleinen Wanderzirkusses in der Eyachstadt gehört und sagt: "Man darf das nicht verallgemeinern. Bei uns läuft das anders ab."

Strobl sieht große Unterschiede zwischen Krone und vielen kleineren Zirkussen: "Ich vergleiche das mit Fußball: Jeder spielt’s gerne, aber nicht jeder ist ein FC Bayern. Und Circus Krone ist die Nationalmannschaft."

Tatsächlich erschwerten die "Kleinen" aber die Arbeit: Diese klebten oft Plakate ohne Genehmigung, was, wie in Balingen, zu Verboten auch für seriöse Werbung auf bezahlten Flächen führe.

Im Mittelpunkt der Kritik steht in vielen Fällen aber nicht wildes Plakatieren, sondern die Haltung und Dressur wilder Tiere. Es sei eine Frage der Überzeugung, ob man für oder gegen die Wildtierhaltung sei, sagt Strobl. Er finde: "Tiere sind die Seele des Zirkusses."

Das sähen die Besucher ähnlich. Deren Zahl steige stetig. Vor allem Familien kämen in die aktuelle Show "Evolution". "Und Kinder wollen Tiere sehen."

Circus Krone trete indes für noch strengere Gesetze zur Wildtierhaltung ein. PR-Chef Strobl ist sicher: Wenn das strikter geregelt werde, würden viele kleine Zirkusse "hinten runterfallen". Anders als bei Krone gebe es dort keine Tierschutzbeauftragten oder eigenen Tierärzte.

Jedes seriöse Unternehmen sei im Zirkus-Zentralregister gemeldet. Dort könnten Veterinäre frühzeitig genaue Informationen über alle 170 Tiere bei Krone bekommen, vom Papagei bis zum Nashorn. Diese stelle man dem Veterinäramt jedoch ohnehin vorab zur Verfügung: "Wir sind absolut gläsern."

Ob es den Tiere gut gehe? Strobl verweist auf die Lebenserwartung: Die Krone-Löwen seien teilweise mehr als 20 Jahre alt – in der freien Natur würden sie selten einmal mehr als acht oder zehn. Und wenn Tiere zu alt für die Manege würden, erhielten sie ihr Gnadenbrot in eigenen "Tierpensionen".

Ohnehin seien die Raubkatzen keine Wildtiere mehr, sondern würden seit 20 Generationen für den Zirkus gezüchtet. Ähnliches gelte für die Elefanten: Das seien ursprünglich indische Arbeitstiere gewesen.

Was den Vorwurf "unnatürlicher" Dressuren betrifft, kontert Strobl, sei dabei vielfach schlicht Unkenntnis des "modernen Tierzirkusses" zu erkennen: "Feuerreifen gibt es bei Krone beispielsweise seit 1951 nicht mehr."

Der "Kopfstand" der Elefanten sei eine normale Haltung, wenn die Tiere in der Natur aus tiefen Wasserlöchern tränken. "Und Papageien fliegen bei uns durchs Zelt, und fahren nicht Fahrrad."

Offensiv informieren will –und muss – Krone auch weiterhin. Mit einem Image-Film, habe man mehr als eine halbe Million Aufrufe erreicht: "Die Leute haben einen Wissensdurst", erkennt Strobl. Deshalb gibt es auch Live-Streams der Tiere und ihrer Trainingseinheiten. Künftig wird dabei womöglich auch ein Chat eingerichtet, damit Zuschauer Fragen stellen können.

Seite 2: Pro und Kontra

Befürworter und Gegner der Wildtierhaltung in Zirkussen melden sich bereits Wochen vor dem Gastsspiel des Circus Krone in Balingen zu Wort.

Pro: Das Aktionsbündnis "Tiere gehören zum Circus" hat einen offenen Brief an Oberbürgermeister Helmut Reitemann geschickt. Darin bedanken sich die namentlichen Unterzeichner dafür, dass der Zirkus dank seiner Unterstützung seine Zelte auf dem Balinger Messegelände aufbauen dürfe. Ausführlich legen sie weiter dar, dass und weshalb es Tieren bei Krone gut gehe.

Kontra: An den OB und an die Gemeinderäte richtet sich ein Aufruf der Bürgerinitiative "Wildtierverbot Deutschland" auf der Petitionsplattform change.org. Eine Wildtierhaltung im Zirkus sei nicht mehr zeitgemäß und weder ethisch noch moralisch vertretbar. Balingen solle sich den bereits mehr als 50 deutschen Städten anschließen, die keine öffentlichen Flächen mehr an Zirkusse vermieten.