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Lehrer klagt über Schwindel und Atemnot. Gebäude von Polizei und Feuerwehr evakuiert.

Balingen-Frommern  - Mehr als 500 Kindergartenkinder, Schüler, Lehrer und sonstige Mitarbeiter mussten am Dienstagvormittag in aller Eile die Frommerner Waldorfschule verlassen: In einem Chemieraum war eine bislang unbekannte Substanz ausgetreten - die Feuerwehr evakuierte unverzüglich.

Um 10.17 Uhr griff Diana Späth, Geschäftsführerin der Waldorfschule, zum Telefon, um die Feuerwehr anzurufen. In einem Vorbereitungsraum für den Chemieunterricht im Erdgeschoss hatte ein Sicherheitssystem automatischen Alarm gegeben. Ein Lehrer hatte nachgeschaut, was los war. Er geriet dabei wohl in die Wolke einer  möglicherweise verdampften Chemikalie, atmete diese ein und litt danach unter Übelkeit und Atemnot.

Alexander Werner, Leiter der Abteilung Frommern, war bald nach dem Anruf der erste Feuerwehrmann vor Ort. Er brauchte nur wenige Minuten, um sich einen Überblick zu verschaffen. Rasch war ihm klar: Die Schule musste unverzüglich evakuiert werden. Zehn Kleinkinder der Krippengruppe, etwa 70 Kindergartenkinder, rund 380 Schüler und mehr als 60 Erwachsene verließen daraufhin die Gebäude. Sie sammelten sich in sicherer Entfernung und an den angrenzenden Straßen, wo immer mehr Fahrzeuge der Feuerwehren Frommern und Balingen sowie des Roten Kreuzes eintrafen. 

"Massenanfall von Verletzten" – diese Mitteilung gab das DRK vorsorglich aus und informierte die nächsten Krankenhäuser sowie das Kinderklinik in Tübingen. Bald war auch das Fahrzeug des Feuerwehr-Messtrupps aus Engstlatt vor Ort. Nach Einrichtung eines Dekontaminationsplatzes gingen dessen Mitglieder in Zwei-Mann-Trupps unter Atemschutz in das Schulgebäude, um herauszufinden, welche Chemikalie den Alarm ausgelöst haben könnte. Am Mittag rückte auch der Gefahrgutzug der Feuerwehr Albstadt an, um den Stoff zu bestimmen.

Die wichtigste Information: Zum Zeitpunkt, als das Austreten des unbekannten Stoffs bemerkt wurde, befand sich kein Schulkind in der Nähe des Chemieraums: "Der Raum ist zuletzt vor den Pfingstferien benutzt worden", berichtete Diana Späth. Mit Kreisbrandmeister Stefan Hermann, dem Leitenden Notarzt Severin Neher, dem DRK-Kreisvorsitzenden Heiko Lebherz und Balingens Stadtbrandmeister Thomas Gührs war sie sich einig: Schüler hätten keinen Kontakt mit Gefahrstoffen gehabt. Eine Gefährdung habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

Das Rote Kreuz und die drei Notärzte betreuten aber 21 Kinder vorsorglich: Diese klagten über Atemnot und Übelkeit. Doch das, berichteten Neher und Lebherz, sei wohl der  Aufregung geschuldet gewesen. Mit etwas Aufmerksamkeit, beruhigender Zusprache und Anleitung zum gleichmäßigen Atmen konnten die betroffenen Schüler schnell nach Hause.

14 Feuerwehrautos und zwölf Fahrzeuge des DRK waren vor Ort im Einsatz – sogar zwei Drehleiterfahrzeuge. Dazu kamen viele Polizisten, die den Verkehr regelten,  aufgeregte Kinder freundlich aufmunterten und mit ihnen auf die Abholung durch deren Eltern warteten. An einen Einsatz vergleichbarer Größe in Balingen können sich die Leiter der Rettungskräfte nicht erinnern. Bei einem improvisierten Pressegespräch um die Mittagszeit zeigten sie aber spürbare Erleichterung, dass nichts Schlimmeres passiert ist: "Es ist immer gut, wenn ein Einsatz glimpflich verläuft", sagte Notarzt Neher. Den Vorfall in Frommern könne man als gute Übung für die Zukunft betrachten. 

Auch die Schul-Geschäftsführerin Späth äußerte sich erleichtert über die Evakuierung: "Es ist alles gut gelaufen." Die Waldorfschule hatte bereits kurz nach dem Alarm die Familien über alle verfügbaren Kommunikationskanäle informiert und Entwarnung gegeben. Die Ereignisse des Dienstags sollen am Mittwochmorgen in den ersten beiden Unterrichtsstunden in allen Klassen gemeinsam besprochen werden.