Prozess: Im Verfahren wegen illegaler Abfallentsorgung sagen weitere Zeugen aus / Zur Klärung tragen sie aber kaum bei

Ein Sachverständiger, eine kriminalbeamtin, ein Klärwärter: Im Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer und einen Mitarbeiter einer Entsorgungsfirma sind am Freitag weitere Zeugen gehört worden.

Hechingen/Balingen. Haben die Angeklagten wissentlich Ölschlamm und Fäkalien in großem Stil in öffentlichen Abwasserkanälen entsorgt? Der Sachverständige, der vor vier Jahren ein paar Proben begutachtet hatte, sprach von starkem Ölgeruch und Fäkalienanteilen. Es habe durchaus Hinweise auf Ölbestandteile gegeben, die Prüfwerte in der Verwaltungsvorschrift seien "deutlich überschritten" gewesen. Sollte ein solches Gemisch in größerer Menge in einen "Vorfluter", also in einen Bach oder Fluss, gelangen, wäre das eine erhebliche Belastung für die Umwelt. Fische würden sterben, oder sie wären "für den Verzehr nicht mehr geeignet".

Eine normale Kläranlage würde zwar das Ammonium abbauen, die Kohlenwasserstoffe eher nicht. Das Problem: Die Proben, die der Sachverständige untersucht hatte, stammten weder aus einem Klärwerk noch aus einem Bach, sondern waren aus einem Tanklaster der Entsorgungsfirma auf der A 81 entnommen worden. Und der war unterwegs zu einer Fachfirma in Oberndorf, die Ölabscheidungen entsprechend verarbeitet. Mit anderen Worten: ganz legal. Eine Mitarbeiterin habe ihm gegenüber gesagt, dass die stinkende Brühe einfach in den Vorfluter, in dem Fall den Neckar, abgelassen werden sollte. Er selbst wisse nicht, woher die Probe komme, sagte der Sachverständige.

Die Kriminaloberkommissarin, die die Rechnungen und die Entsorgungsnachweise der Angeklagten in eine Excel-Tabelle eingearbeitet hatte, konnte nicht erklären, wieso es mehr Rechnungen als Entsorgungsnachweise gab. Etwa, weil es im Jahr darauf mehr Entsorgungsnachweise als Rechnungen gab, also etliche Nachweise erst im Jahr darauf ausgestellt worden waren?, meinte der Verteidiger des Hauptangeklagten: "Die fehlenden Nachweise sind kein Beweis für eine illegale Entsorgung." Auch dem Staatsanwalt präsentierte der Advokat ein kleines Schmankerl: Die Entsorgung eines Kubikmeters Fäkalien koste im Klärwerk keineswegs, wie in der Akte vermerkt, 15 Euro, sondern lediglich 1,73 Euro.

Streckenweise recht unterhaltsam war die Aussage des Klärwärters aus Gailingen, wo die Firma mehrfach Fäkalien in die Kanalisation hatte laufen lassen. Das hatte offenbar alles seine Ordnung: Mit der Entsorgungsfirma sei vereinbart worden, falls er nicht da sei, zum Beispiel abends, anzurufen und die Brühe in gewisse Gullis abzulassen, sagte der 49-Jährige sehr zur Verwunderung des Staatsanwalts: Dann habe die betreffende Firma die Mengen schriftlich festgehalten und einen Zettel in den Briefkasten geworfen. Es komme sowieso alles in den Zulauf vor dem Rechen, ganz egal, ob es zwei Meter oder 50 Meter davon entfernt in den Abwasserschacht geleitet werde. Die geeigneten Kanalschächte im Industriegebiet habe er den beiden Fahrern der Firma gezeigt. "Ohne Anruf durften sie nichts ablassen", versicherte der Mann.

Der Verteidiger setzte noch eins drauf: Ob es denn richtig sei, dass der Gailinger Bürgermeister sein Boot über den Winter im sowieso engen Hof des Klärwerks abgestellt habe und die Tanklaster gar nicht mehr einfahren konnten?, erkundigte er sich. Das sei richtig, räumte der Zeuge ein. Und anstatt einen 20 Meter langen Schlauch über das Boot in den Zulauf zu legen, habe er die Entsorgungsfirma an einen Schacht in unmittelbarer Nähe der Kläranlage verwiesen. Übrigens: Für das, was aus der Gemeinde angeliefert worden sei, etwa vom Zollhaus, seien keine Rechnungen geschrieben worden. Und manchmal habe die Firma auch nichts eingeleitet, sondern abgepumpt – zum Beispiel Sand und Splitt, die sich nach starken Regenfällen im Zulauf gesammelt hatten.

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 28. November, fortgesetzt; mit dem Urteil wird am Freitag, 7. Dezember, gerechnet.