Ein Polizeiauto steht vor der Bizerba-Zentrale in Balingen. Bei dem Unternehmen ging am Freitag eine Bombendrohung ein – das löste einen Großeinsatz mit erheblichen Folgen für das öffentliche Leben in der Stadt aus. Foto: Maier

Drohung gegen Unternehmen Bizerba am Freitag. Sprengstoffhunde durchsuchen Firmengebäude ohne Ergebnis.

Balingen - Eine Bombendrohung gegen Bizerba hat am Freitag die Produktionsabläufe des Unternehmens und das öffentliche Leben in Balingen erheblich beeinträchtigt. Hunderte Mitarbeiter wurden evakuiert. Wegen der Suche nach der vermeintlichen Bombe und der damit einhergehenden Sperrung zahlreicher Straßen gab es ein Verkehrschaos.

Die Drohung ging nach Angaben der Polizei um 12.25 Uhr ein. Eine weibliche Stimme kündigte an, dass in den nächsten 40 Minuten an zwei nicht näher benannten Standorten des Familienunternehmens Bomben gezündet würden. Bizerba informierte die Polizei, das setzte einen Großeinsatz in Gang, der den ganzen Nachmittag andauerte.

In den drei Balinger Bizerba-Werken – der Konzernzentrale an der Wilhelm-Kraut-Straße, im Hobbyland sowie im Werk II, außerdem im Betriebsrestaurant Waagschale – wurde Brandalarm ausgelöst und die Anweisung zur Räumung gegeben; dasselbe vollzog sich im Bizerba-Werk Meßkirch im Nachbarlandkreis Sigmaringen.

Dass eine Bombendrohung Anlass für die Räumung war, ist den Mitarbeitern in Balingen zunächst nicht bewusst gewesen: Viele gingen, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung sagten, von einem Brandmeldealarm aus – und davon, dass sie recht bald wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren könnten. Erst auf den Sammelplätzen auf den Betriebsgeländen, wo sie unter den Bäumen Schatten vor der Sonne suchten, erfuhren sie davon, dass es eine Bombendrohung gegeben hatte. "Was für kranke Menschen gibt es?", fragte ein Mitarbeiter, ein anderer nahm’s mit Galgenhumor: "Bombenstimmung bei Bizerba".

Polizei und Feuerwehrkräfte sperrten die Bizerba-Werke großräumig ab. So gab es am Hobbyland an der Kreuzung Richtung Innenstadt, Ostdorf und in Richtung der Bundesstraße 27 kein Durchkommen mehr; ebenso gesperrt wurde die Wilhelm-Kraut-Straße und damit die wichtige Stadtein- und -ausfahrt aus und in Richtung Albstadt. Im Einsatz waren in Balingen rund 70 Feuerwehrleute, 26 Polizisten und 25 DRK-Leute. Verletzt wurde niemand. Das DRK versorgte die wartenden Bizerba-Mitarbeiter mit Wasser.

Derweil schnüffelten Sprengstoffhunde des Polizeipräsidiums Tuttlingen und benachbarter Präsidien durch das Unternehmen. Ein zäher Job: Nach rund 15 Minuten im Einsatz benötigen die Tiere eine Pause – angesichts der Hitze am Freitag oft eine noch längere. Fündig wurden die Hunde nicht – gegen 17 Uhr meldete die Polizei, dass in den Bizerba-Gebäuden kein Sprengstoff festgestellt worden sei.

Der Drohanruf löste bei der Kriminalpolizei umfangreiche Ermittlungen aus. Unklar ist, ob tatsächlich eine Frau an der Strippe war und die Drohung aussprach oder ob die Stimme technisch verfälscht wurde. Völlig unklar ist derzeit nach Angaben der Polizei der Hintergrund der Drohung; man ermittle "in alle Richtungen", sagte ein Sprecher.

Auch ein möglicher Bezug zu Nicole Hoffmeister-Kraut, die zur Bizerba-Inhaberfamilie gehört und baden-württembergische Wirtschaftsministerin ist, werde geprüft. Als Motive kämen ebenso etwa persönliche Rache am Unternehmen, Geltungssucht oder schlicht Jux und Tollerei in Betracht – wobei, wenn es sich um einen Spaß gehandelt haben sollte, dieser für den Verursacher, so er ermittelt wird, folgenreich und teuer wird: Der Anruferin oder dem Anrufer droht eine saftige Strafe – allein wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhen einer Straftat eine Haftstrafe bis zu drei Jahren. Dazu kommen die Kosten für den Großeinsatz von Polizei, Feuerwehr und DRK sowie mögliche zivilrechtliche Forderungen von Bizerba aufgrund des Produktionsausfalls.

Bizerba-Sprecher Andreas Wegeleben konnte am Freitag noch nichts zu dem durch den halben Tag stillliegender Produktion entstandenen Schaden sagen. Das sei angesichts der Bedrohungslage aber auch zweitrangig, allein wichtig sei, dass kein Mitarbeiter zu Schaden gekommen sei.

Wegeleben verwies darauf, dass es bei Bizerba seit geraumer Zeit Einlasskontrollen mit Drehkreuzen, Chipkarten und Pförtnern gibt. Unbefugte könnten so kaum in die Gebäude gelangen. Er sagte aber auch, dass eine 100-prozentige Sicherheit dennoch nicht zu gewährleisten sei.

Das unmittelbar an das Gelände der Bizerba-Zentrale grenzende Balinger Freibad blieb gestern auch nachmittags geöffnet. Schwimmmeister Ralf Schmidt sagte unserer Zeitung, er habe vorsorglich mit Polizei und Stadtverwaltung gesprochen, aber keine anderslautenden Anweisungen erhalten. Einige Gäste seien besorgt gewesen und hätten das Bad verlassen – viele ließen sich die Laune aber nicht verderben und blieben da. Von den Feuerwehrleuten aus Engstlatt, die in dicker Schutzkleidung direkt vor dem Bad die Eckenfelderstraße abgesperrt hielten, ging in der Sommerhitze manch sehnsüchtiger Blick zum Abkühlung versprechenden Wasser.