Aufmerksam verfolgen die Zuhörer in der Frommerner Turnhalle die Ausführungen zum Luftreinhalteplan. Im Verlauf der Diskussion wird nicht mit kritischen Äußerungen gespart. Foto: Hauser

Regierungspräsidium stellt Maßnahmen für Balingen und Endingen vor. Verkehrsverlagerung befürchtet.

Balingen-Frommern - Zuversicht auf der einen Seite, Skepsis auf der anderen: Während das Regierungspräsidium in Sachen Luftreinhaltung in Balingen auf eine Umweltzone und Tempo 30 ganztags auf der B 27 in Endingen setzt, haben Bewohner der Stadt und aus umliegenden Gemeinden Bedenken, dass es positive Effekte geben wird.

"Die Maßnahmen erfolgen nicht nach unserem Belieben, sondern sind gesetzlich vorgeschrieben", hielt gestern Dietmar Enkel, Leiter des Referats Luftreinhaltung beim Regierungspräsidium Tübingen, gleich zu Beginn der öffentlichen Anhörung zum geplanten Luftreinhalteplan fest. Bei Messungen sei die Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid an mehreren Abschnitten in Balingen und Endingen festgestellt worden. Daher sei zu reagieren. Die Ursachenanalyse habe ergeben, dass der Straßenverkehr den größten Anteil an der Grenzwert-Überschreitung habe, ergänzte Lars Lieberknecht vom gleichen Referat. Da müssten "die Stellschrauben angesetzt werden".

Die Entscheidung für die Einrichtung einer Umweltzone für ganz Balingen bedeutet laut Gutachter Volker Diegmann von der Freiburger IVU Umwelt GmbH, dass Fahrzeuge, die keine grüne Plakette haben, außen vor bleiben müssten. Es könne darauf gesetzt werden, dass dann ganz alte Autos immer mehr verschwinden, die Fahrzeugflotte immer moderner, sprich schadstoffärmer werde. Der Vorteil der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 ganztags auf der B 27 in Endingen sei der, dass nach Stopps, vor allem an der Ampelanlage, nicht so hoch beschleunigt werden dürfe und somit weniger Schadstoffe ausgestoßen werde, so Diegmann.

Nach Ansicht von Dietmar Enkel sei das Ziel "in Sichtweite". Beide Maßnahmen eröffneten die Chance, unter die Grenzwerte zu gelangen und "wir 2018, wenn die nächste Jahresmessung erfolge, durch die Tür kommen".

Davon waren nicht alle überzeugt. Für Jochen Urban aus Endingen seien aus dem "Portfolio" die beiden schlechtesten Möglichkeiten mit den geringsten Effekten ausgewählt worden. Pförtnerampeln in Endingen seien dagegen zurückgestellt, ein Lkw-Fahrverbot erst gar nicht diskutiert worden – das aufgrund von fehlenden Ausweichstrecken erst gar nicht in Frage komme, begründete Lars Lieberknecht den Verzicht.

Weilstettens Ortsvorsteher Wolfgang Schneider gönnt den Endingern die Entlastung, befürchtet aber eine Verkehrsverlagerung gerade nach Weilstetten. Er gab zu Bedenken, dass die Anker-Kreuzung "nicht leistungsfähig ist" und es deshalb zu noch stärkeren Behinderungen kommen könnte.

Eine Verkehrszunahme für Dormettingen kam ebenfalls zur Sprache, worauf Dietmar Enkel konstatierte: "Es wird keine Verlagerung geben, vor der Sie sich fürchten müssen." Das hätten die Erfahrungen und Messungen zum Beispiel in Schramberg sowie in Tübingen und Reutlingen ergeben, nachdem dort Umweltzonen eingerichtet worden waren.

Bedenken hinsichtlich der Quellenanalye äußerte Norbert Majer aus Dotternhausen. Es sei vor allem mit Hochrechnungen gearbeitet worden. Und Anton Scherer, ebenfalls aus Dotternhausen, äußerte die Ansicht, die Ergebnisse der Quellenanalyse könnten nicht stimmen, weil die Großfeuerungsanlage von Holcim, die "maßgeblich" für die Schadstoffbelastung auch in Endingen verantwortlich sei, nicht berücksichtigt worden sei. Dagegen versicherte Lars Lieberknecht, dass die Holcim-Anlage sehr wohl Eingang in das Gutachten gefunden habe. Insgesamt betrage der Anteil der Industrie an der Emissionsbelastung aber nur rund vier Prozent.

Wie geht es nun weiter? Die Einwendungsfrist zum Luftreinhalteplan endet am 13. Oktober. Danach folgt die Abwägungsphase durch das Regierungspräsidium. Eine Umsetzung des Plans ist für das erste Quartal 2017 vorgesehen, eine neue Jahresmessung für 2018. "Sollten dann die Grenzwerte nicht eingehalten werden, muss über weitere Maßnahmen nachgedacht werden", kündigten die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums an.