Von vielen nur als "Stinker" wahrgenommen, darüber hinaus aber Zeugnis einer langen Tradition: Der Balinger Schwefelbrunnen wird in der nächsten Woche zum Geopoint ernannt.Foto: Unesco Global Geopark Schwäbische Alb Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Kleinod in der Stadtmitte wird zum Geopoint ernannt / Erinnerung an Kur- und Bädergeschichte der Stadt

In Balingen herrschte einst reger Kurbetrieb. Von dieser Tradition zeugt heute noch der Schwefelbrunnen in der Stadtmitte. In der kommenden Woche wird er offiziell zum Geopoint im UNESCO Global Geopark Schwäbische Alb ernannt.

Balingen. Balingen besitzt einen Schatz: ein natürliches Vorkommen von Schwefelwasser. Dessen gesundheitsfördernde Wirkung ist schon seit dem Mittelalter bekannt. 1724 wurde am Ufer der Steinach eine besonders ergiebige Quelle entdeckt und ein Bad eingerichtet. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebte Balingen einen regelrechten Kurbetrieb. Diese Tradition gehört längst der Vergangenheit an. Verblieben ist lediglich der Balinger Schwefelbrunnen an der Kreuzung der Spital- und der Wilhelm-Kraut-Straße, der durch die Auszeichnung als Geopoint nun eine besondere Würdigung erfährt.

Woher kommt das Schwefelwasser? Bei der Suche nach Trinkwasser stieß man in ungefähr sechs Metern Tiefe auf das Schwefelwasser-Vorkommen, das den Brunnen speist. Es stammt auf einer über 180 Millionen alten Gesteinsformation, den Schichten des Unterjuras. Diese Gesteine sind reich an organischem Material und enthalten das Mineral Pyrit (im Volksmund auch Katzengold genannt). Wenn Pyrit mit sauerstoffhaltigem Wasser in Kontakt kommt, entsteht eine Schwefelverbindung (Sulfat). Sulfat ist die Ursache für den typisch leicht bitteren Geschmack und die wohltuende Wirkung des Schwefelwassers. Es wird beispielsweise bei Rheumatismus, Magen-Darm- sowie Hauterkrankungen eingesetzt. Die nächste Schwefelquelle ist in Bad Sebastiansweiler in Mössingen. In der dortigen Kurklinik kann man ein Schwefelbad nehmen.

"„Die außergewöhnliche Geologie der Schwäbischen Alb hat hier Kulturgeschichte geschrieben. Davon erzählt dieser Geopoint eindrucksvoll", sagt Siegfried Roth, Geschäftsführer des Geoparks Schwäbische Alb. Landrat Günther-Martin Pauli freut sich: "Der Geopark bringt Einheimischen und Touristen das reiche geologische Erbe auf der Schwäbischen Alb näher. Wir sind stolz, dass wir im Landkreis jetzt den vierten Geopoint haben." und der Balinger Oberbürgermeister Helmut Reitemann ergänzt: "Wir freuen uns sehr über den neuen Geopoint. Durch die Auszeichnung des Zillhauser Wasserfalls hat dieser sehr an Bekanntheit gewonnen und zieht heute Besucher aus nah und fern an." Weitere Geopoints im Zollernalbkreis sind außerdem der Nusplinger Plattenkalk und das Schiefererlebnis Dormettingen.

Geopoints sind nach Meinung des Geoparks wichtige Komponenten im Besucherlenkungskonzept. Sie kennzeichnen Geotope oder Objekte, an denen die Erdgeschichte der Schwäbischen Alb in besonderer Weise erlebbar wird. Der Schwefelbrunnen Balingen ist bereits der 32. Geopoint. Mittelfristig plant der UNESCO Geopark Schwäbische Alb, hundert Geopoints auf der Schwäbischen Alb auszuweisen. Dazu werden vor Ort Infotafeln in Deutsch und Englisch aufgestellt. Auf der Website des Geoparks unter www.geopark-alb.de gibt es weiterführende, mehrsprachige Infos, die per QR-Code abgerufen werden können. Das Geopark-Netzwerk umfasst außer den Geopoints auch 28 Infostellen. Im Zollernalbkreis gehören das Fossilienmuseum von Holcim in Dotternhausen und das Museum im Kräuterkasten in Albstadt-Ebingen dazu.