Mit diesem Bild fahndete die Polizei nach dem Bankräuber. Ein Mitarbeiter der Sparkasse in Balingen erkannte ihn wieder. Foto: Schwarzwälder Bote

Zweiter Prozesstag. Sparkassen-Mitarbeiter schildern ihre Ängste. Stiller Alarm ruft Polizei auf den Plan.

Hechingen/Balingen/Villingen-Schwenningen - Gleich zwei Alarme sowie das geschickte Zusammenspiel der Mitarbeiter sind im Mai dieses Jahres notwendig und entscheidend dafür gewesen, um den 80 Jahre alten Bankräuber in der Hauptstelle der Sparkasse Zollernalb in Balingen zur Strecke zu bringen. Das wurde am Donnerstag am zweiten Verhandlungstag am Landgericht Hechingen deutlich.

Bankräuber? Hier, bei uns, in der Sparkasse in Balingen? Eine Mitarbeiterin des Bankhauses reagierte auf den Kontrollanruf der Polizei ungläubig. Nein, es sei nichts. Die Frau lief damals durch die Schalterhalle und sah: offensichtlich alles in Ordnung.

Ein Stockwerk tiefer hatte derweil der Mann, der in den Jahren davor bereits Bankhäuser in Villingen-Schwenningen, Freiburg, Rastatt sowie nur vier Wochen vorher in Waldkirch überfallen hatte, vier Mitarbeiter der Sparkasse Zollernalb in seiner Gewalt. Er drohte, wie an den anderen Tatorten auch, eine täuschend echt aussehende Bombe hochgehen zu lassen. Und wollte Geld. Seine Gier allerdings wurde ihm in Balingen zu Verhängnis.

Dort hatte er am 2. Mai, einem heißen Tag, das Gebäude der Sparkasse um 14.11 Uhr betreten und in der Schalterhalle einen Mitarbeiter angesprochen, der für sich privat an einem der Automaten Geld abheben wollte. Bekleidet war er mit Mantel, Hut, Sonnenbrille. Einem 26-jährigen Kundenberater kam er sofort verdächtig vor – nach dem Überfall auf die Sparkasse in Waldkirch hatte die Polizei Warnhinweise an alle Banken verschickt, samt Fotos des Verdächtigen. Der 26-Jährige sagte am Donnerstag im Gericht, er sei sich sicher gewesen, den mutmaßlichen Bankräuber wiedererkannt zu haben. Gleichwohl habe er kurz gezögert, ob er stillen Alarm auslösen sollte. Sich dann aber dafür entschieden. Dieser ging um 14.13 Uhr bei der Polizei ein.

Täter agierte ruhig und bestimmt

Solche stillen Alarme werden von den Ermittlern verifiziert, sie rufen in der Bank zurück und lassen sich den Vorgang bestätigen. Wie in den anderen Fällen auch bekamen allerdings die wenigsten Bankmitarbeiter von dem Überfall etwas mit.

Auch in Balingen agierte der 80-Jährige ruhig und bestimmt. Er zeigte dem Sparkassen-Mitarbeiter, der Geld abheben wollte, und jenem, der stillen Alarm ausgelöst hatte, einen Zettel, auf dem die Geldforderung samt der Bombendrohung notiert war. Zu dritt gingen sie zum stellvertretenden Zweigstellenleiter, in dessen Büro der Räuber erstmals die vermeintliche Bombe in seinem Koffer zeigte. Von dort ging es ins Büro der Leiterin des Privatkunden-Centers. Auch sie bekam die "Bombe" zu sehen. Und von dort ging’s weiter ins Untergeschoss, zur Zentralkasse. Nachdem die Gruppe noch eine Kundin aus dem Bereich hatte passieren lassen, hielt der Räuber dem Kassenchef den Zettel mit der Forderung und der Drohung hin.

Statt in Panik zu verfallen, reagierte der 59-Jährige hinter seinem Panzerglas aber recht cool: Er löste zum einen zum zweiten Mal den stillen Alarm aus – sodass die Entwarnung, die die Kollegin gegenüber der Polizei gegeben hatte, entkräftet war und immer mehr Polizei alarmiert wurde. Er hielt den 80-Jährigen auch dadurch hin, dass er nach fünfminütiger Warterei – die Geldbestände sind zeitschlossgesichert – zunächst nur einen vergleichsweise kleinen Geldbetrag aus dem Tresor holte. Der Räuber wollte mehr – und musste erneut fünf Minuten warten, bevor sich die Tresortür öffnete. Mit rund 30.000 Euro, 4000 britischen Pfund und 500 US-Dollar ging er dann fast schon seelenruhig wieder zurück nach oben, durch die Schalterhalle – und lief geradewegs den Streifenbeamten in die Arme, die bereits nach dem ersten Alarm angerückt waren.

Keinerlei Anzeichen für einen Überfall

Diese waren auch nach der Entwarnung auf Posten geblieben und hatten rund um die Bank nichts Auffälliges bemerkt. Kunden gingen rein und raus, ohne Hektik. Es habe keinerlei Anzeichen für einen Überfall gegeben, sagte ein 44-jähriger Polizist am Donnerstag. Erst mit einer Personenbeschreibung und der Nachricht, dass sich der Täter noch in der Bank befinde, habe sich die Lage zugespitzt. Als der mutmaßliche Räuber dann die Sparkasse verlassen wollte, überwältigte der 44-Jährige den Mann. Dieser drückte davor noch wie wild auf einem Küchenzeitmesser herum – diesen hatte er den Bankmitarbeitern als Fernbedienung für die "Bombe" verkauft. In der Folge rückten zahlreiche Polizeikräfte an, Spezialisten des Landeskriminalamts entschärften die "Bombe".

Auf die Bankmitarbeiter hatte die Attrappe gleichwohl eine enorme Wirkung: Die Leiterin des Privatkunden-Centers etwa schilderte ihre Todesangst und wie sie als Folge immer nachmittags – der Zeit des Überfalls – starke Kopfschmerzen bekommen habe. Auch beim Mann an der Kasse ging die Sache nicht spurlos vorbei: Er verlor wegen der extremen psychischen Belastung einen Teil seinen Hörvermögens.

 Die Verhandlung wird am Donnerstag, 24. Oktober, 10 Uhr, am Landgericht Hechingen fortgesetzt. An diesem Tag soll das Urteil fallen. Den 80-Jährigen, der die Überfälle eingeräumt hat, erwartet eine Mindeststrafe von drei Jahren.