Kontrolle am "Schmotzigen": Halb versteckt messen Verkehrspolizisten von einem Feldweg aus die Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf der Bundesstraße 27 auf Höhe Engstlatt. Bei zwei Messungen im Februar wurden einige Verstöße registriert. Foto: Maier

Messungen zeigen bei Engstlatt Verstöße. Widerspruch gegen neue Geschwindigkeitsregeln möglich

Balingen-Engstlatt - Nicht nur wegen der vielen Autos, auch nach den jüngsten juristischen Auseinandersetzungen um die Geschwindigkeitsbegrenzung kehrt auf der Bundesstraße 27 nahe Engstlatt keine Ruhe ein. Die derzeit offenen Fragen: Wird die Stadt Balingen einen stationären Blitzer installieren? Wird möglicherweise ein Engstlatter gegen das neue Tempolimit vorgehen?

An zwei Tagen haben Beamte der Verkehrspolizei im Februar ganz genau geprüft, ob sich die vielen Autos und Lastwagenfahrer an die neuen Geschwindigkeitsregeln halten. Seit Anfang Februar darf man zwischen Balingen-Nord und Bisingen-Steinhofen tagsüber bis auf 130 Stundenkilometer beschleunigen, nachts sind nur 120 erlaubt. Ergebnis der jeweils vierstündigen Radarmessungen bei Tag: Es wurden jeweils rund 4500 Fahrzeuge erfasst, an einem Tag gab’s 51 Geschwindigkeitsverstöße, am anderen 91. Der Spitzenreiter war mit stolzen 189 Stundenkilometern unterwegs; er darf sich nun vorerst laufend Gedanken darüber machen, dass er viel zu schnell über die Straße gebrettert ist.

Kommen stationäre Blitzer?

Unklar ist, ob das Ergebnis der Messungen Konsequenzen haben wird. Oberbürgermeister Helmut Reitemann hatte im vergangenen Jahr im Gemeinderat angekündigt, dass man sich die neue Situation auf Höhe Engstlatt mittels Geschwindigkeitsmessungen genau anschauen und dann darüber entscheiden werde, ob stationäre Blitzer aufgestellt werden. Anhänger des Postulats "Freie Fahrt für freie Bürger" werden nun wohl sagen, dass sich die Zahl der Verstöße im ganz geringen Prozentbereich bewege und sich damit ein stationärer Blitzer nicht rechtfertigen lasse. Ein mit den jüngsten Messungen vertrauter Polizist sagt dagegen: "Jeder Verstoß ist einer zuviel."

Helmut Reitemann sagte unserer Zeitung, dass noch keine Entscheidung getroffen werde könne, ob ein Blitzer installiert wird; dafür seien noch weitere Messungen notwendig. Der Engstlatter Ortsvorsteher Klaus Jetter spricht sich indes heute schon für stationäre Blitzer aus: Diese wertet er als einzige Möglichkeit, wenigstens ein wenig den Verkehr einzubremsen und in der Folge den Lärmpegel zu reduzieren und zudem schwere Unfälle zu verhindern. "Jetzt, kurz vor Beginn der Zweiradsaison, wäre dies besonders wichtig", so Jetter. Nicht selten könne er im Garten sitzend nachverfolgen, wie Motorradfahrer gefühlt mit 200 Stundenkilometern über die B27 düsen. Er wisse dabei genau, wovon er rede, so Jetter: Seit seiner Jugend fahre er Krafträder.

Derweil geht es auf der B27 auf Höhe Engstlatt nicht nur um die Frage, ob dort ein Blitzer aufgestellt wird – sondern grundsätzlich auch darum, ob der zwischen der Stadt Balingen und dem Tempo-Kläger Albert Sauter für diesen Bereich geschlossene Vergleich Bestand haben wird.

Frage des Tempolimits ist rechtlich nicht abschließend geklärt

Wie berichtet, war Sauter gegen die einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf der B 27 zwischen Balingen und Hechingen auf 120 Stundenkilometer vorgegangen. Am Ende war es vor allem ein formaler Fehler seitens des Landratsamts, der diese Regelung kippte und zum Vergleich führte. Inhaltlich haben die Sigmaringer Richter sich mit dem Limit bisher nicht bis in die letzte Tiefe befasst. Rechtlich endgültig entschieden ist die Frage der Geschwindigkeitsbegrenzung noch nicht. Neue juristische Auseinandersetzungen könnten folgen.

Grundsätzlich denkbar sind zwei Varianten: Dass jemand gegen die Beschränkung 130/120 Stundenkilometer vorgeht, weil er sich durch dieses Limit ungerechtfertigterweise beschränkt sieht und sein Recht auf "freie Fahrt" durchsetzen will. Ebenso möglich ist beispielsweise seitens eines Betroffenen etwa aus Engstlatt ein Widerspruch gegen die neuen Geschwindigkeitsregeln, weil diese – vor allem tagsüber mit den 130 Stundenkilometern – für die Anwohnern mit zu viel Lärm verbunden sind.

Beide Wege wären indes mit einem erheblichen Aufwand verbunden: Zunächst müsste man bei der Straßenverkehrsbehörde Widerspruch gegen die geltende Regelung einlegen; erst nach einem negativen Bescheid stünde der Klageweg offen. Genau das war der Weg, den Albert Sauter gegangen ist. Unklar ist allerdings, ob sich jemand erneut diese langwierige und am Ende mit einem finanziellen Risiko behaftete Ochsentour antun will.