Viel Einsatz zeigen die vornehmlich jungen Protagonisten bei der Andrew Lloyd Webber Musical Gala. Foto: Engelhardt Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Junge Darsteller sorgen bei der "Andrew Lloyd Webber Musical Gala" für Gänsehautmomente

Die Musik von Andrew Lloyd Webber kennt fast jeder, seine Musicals sind auf der ganzen Welt bekannt. Einen Querschnitt durch das Werk des Londoner Komponisten servierte die Truppe der Andrew Lloyd Webber Musical Gala – und zwar live.

Balingen. Als ihr die Zuschauer in der Balinger Stadthalle aus voller Kehle ein Geburtstagsständchen brachten, war Lindsay Kearns sichtlich gerührt.

All die Professionalität, die die englische Sängerin die Stunden davor ausgezeichnet hatte, wich für einen Moment. Ein herzlicher, ein emotionaler Augenblick kurz vor der Zugabe einer Truppe, die aus jungen Talenten aus der Londoner Musical-Szene stammt. Gemeinsam mit dem WestEnd Musical Orchestra sind die Sänger seit Weihnachten mit den großen Welterfolgen von Andrew Lloyd Webber auf Tour.

Die Melodien aus der Feder des englischen Komponisten mögen vielleicht nicht jedermanns Sache sein, Ohrwurmqualität haben sie aber allemal. Selbst, wenn man kein Fan sein sollte, mitpfeifen und -summen können wohl die meisten Deutschen "Phantom of the Opera" und Co.

Und wenn ausgewiesene Musical-Anhänger wie die Besucher der Balinger Stadthalle auf Live-Künstler treffen, dann kann das nur in einem großen Finale enden. Und das gab es auch am Ende eines über zweistündigen Programms.

Moderator mit Schmackes

Dabei war der Abend doch etwas verhalten und holprig gestartet. Doch Stück für Stück eroberten Solisten wie Lindsay Kearns, Zac Hamilton, Natalie Bryant und Jonathan Radford das Publikum, befreiten es von ungemütlichen Gedanken, die vielleicht auch der Wind und die Kälte außerhalb der guten Stube der Stadt Balingen an diesem Abend verursacht hatten. Für viele Besucher der Höhepunkt des ersten Teils des Abends: "Don’t cry for me Argentina" aus dem Musical Evita, herzzerreißend vorgetragen von Natalie Bryant.

Ein Aktivposten von Beginn an war Laurent N’Diaye. Der gebürtige Franzose gab nicht nur ganz generös den Conférencier, sondern sorgte auch musikalisch für Glanzpunkte. Beispielsweise in der Rolle des Judas in Jesus Christ Superstar. Vielleicht hatte der eine oder andere Konzertbesucher ein Déjà-vu, wusste den quirligen Moderator aber nur nicht richtig einzuordnen. Seit seinem elften Lebensjahr steht N’Diaye nämlich bereits auf der Bühne, war auch in Deutschland schon bei mehreren Produktionen in vorderster Reihe zu sehen. Außerdem spielte der Franzose mit im französischen Kult-Film "La Boum – Die Fete", an der Seite der jungen Sophie Marceau.

Live und nicht aufgesetzt

Während der Gastgeber N’Diaye damit zu den erfahrensten Protagonisten auf der Bühne zählte, waren an diesem Abend aber vor allem die jungen Gesangsartisten gefragt. Um die Stücke von Andrew Lloyd Webber richtig singen zu können, bedürfe es einer soliden Gesangsausbildung, hatte der Moderator zu Beginn des zweiten Konzertteils betont. Und die qualifizierte Vorbidung hatten die vornehmlich aus Londons Künstlerszene stammenden Sänger auf alle Fälle.

Auch auf der Bühne machten sie ihre Sache gut, immer wieder brandete spontaner Beifall auf und Bravorufe kamen aus der Tiefe des Saals. Begleitet wurden die Sänger von einem 13-köpfigen Orchester unter der erfahrenen Leitung von Piotr Oleksiak. Dass dabei nichts vom Band kam, alles live gespielt und gesungen wurde, war nicht zu überhören. Eine makellose Show à la Helene Fischer gab es somit nicht, aber dafür authentische und emotionale Momente, die nicht aufgesetzt wirkten. Und das honorierten die fachkundigen Besucher gerne, zollten der Truppe "standing ovations".

Die Instrumentalisten waren übrigens die ganze Show über stets im Blickfeld des Publikums, waren sie doch direkt auf der Bühne platziert. Und zwar hinter dem ersten von zwei durchsichtigen Vorhängen. Dort kamen auch die kunstvollen und den Musiktiteln angepassten Projektionen so richtig zur Geltung. Eine moderne Inszenierung eben, die allerdings auf heutzutage nur zu gern benutzte Playback-Elemente verzichtete.