Religion: Ausstellung über Martin Luther in der Balinger Stadtkirche zu sehen / "Gespräche fördern"
Balingen. Direkt im Anschluss an den Gottesdienst ist am Sonntag die Ausstellung "Ertragen können wir sie nicht – Martin Luther und die Juden" in der Stadtkirche eröffnet worden. Die Wanderausstellung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland wurde anlässlich des 500. Jubiläums der Reformation 2017 erstellt.
Die Einführung in das Thema übernahm Karl-Hermann Blickle, Vorsitzender der Stiftung Stuttgarter Lehrhaus für interreligiösen Dialog. Die Thementafeln informieren über geschichtliche Begebenheiten während der Zeit Luthers, über Bauernkriege, Kreuzzüge und Vertreibungen der Juden. Außerdem werden verschiedene Seiten Luthers aufgezeigt – sowohl seine Rolle als Reformator als auch dessen Kehrseiten. Auch seine "Judenschriften" und der Zusammenhang zum Nationalsozialismus werden dargestellt. Die Tafeln wurden nach einem Konzept von Hanna Lehmig erstellt und von Christiane Wenn gestaltet.
Luthers Judenfeindschaft ist Teil seiner reformatorischen Theologie. Dabei zieht sich der lutherische Antijudaismus in unterschiedlichen Ausprägungen durch sein Lebenswerk und beschränkt sich nicht nur auf sein Spätwerk "Wider die Juden und ihre Lügen" aus dem Jahr 1543.
Pfarrer Martin Schöberl äußerte in der Predigt: "Angesichts der Wirkungsgeschichte seiner späten, judenfeindlichen Schriften ist es unerlässlich, sich nicht nur mit der Schönheit der reformatorischen Theologie zu befassen, sondern auch mit deren Missverständnis, nicht zuletzt durch den Reformator selbst."
Blickle betonte, wie wichtig es sei, das Gespräch zwischen Christen, Juden und Muslimen zu fördern. Der Konflikt zwischen Christentum und Judentum sei evident, aber auch der Islam gehöre dazu. "Es geht um die Ausweitung des Dialogs auf den Trialog", erklärte er. Das, was die Reformation vor 500 Jahren war, nämlich die innerkirchliche Öffnung, das sei heute die Öffnung der Kirche hin zu anderen Religionen. Während das jüdisch-christliche Verhältnis schon seit Jahrzehnten aufgearbeitet werde, stehe die Zusammenarbeit mit dem Islam noch am Anfang: "Diesen sich weltweit, aber auch in kleinen Gemeinschaften ausbreitenden Dialog gottgläubiger Menschen aller Religionszugehörigkeiten betrachte ich als die neue Reformationsbewegung im 21. Jahrhundert."
In diesen Zusammenhang wurde auch die Beleuchtung der Stadtkirche gesehen. Die farbige Ausleuchtung solle sie als Leuchtturm und als Orientierungshilfe hinsichtlich Religion und Politik darstellen und stehe somit auch für den Trialog von Juden, Christen und Muslimen und gegen ausgrenzende und fundamentalistische Tendenzen.