Anaelle Koschnike Fotos: Thiercy Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Beim Abendgebet machen Redner Hoffnung auf ein Miteinander und einen guten Alltag

Von Silke Thiercy

Balingen. "Der Rassist ist das Opfer im Gefängnis seines Herzens." Das sagte Solange Fischer-Benadinho beim Abendgottesdienst am Sonntag in der Balinger Stadtkirche, als sie neben Hardy Glaser und Aicha Soro ans Mikrofon trat, um ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus mit der Gemeinde zu teilen.

Deren Geschichten und Gedanken sollten Mut machen und Hoffnung auf ein Miteinander, für die Zukunft und einen guten Alltag, so Pfarrerin Birgit Wurster. "Wir sind alle Menschen."

Im stillen Gebet schufen die Gläubigen zu Beginn eine "Gemeinschaft und ein tragfähiges, unsichtbares Netz". Begrüßt wurden die Teilnehmer von Christine Thumm. Unter dem Motto "Miteinander und Füreinander" sollte ein Zeichen für ein positives Zukunftsbild jenseits von Vorurteilen, Beleidigungen und Ausgrenzung gesetzt werden. Eingeladen hatte die evangelische Stadtkirchengemeinde mit dem evangelischen Bildungswerk Balingen-Sulz, dem evangelischen Jugendwerk Balingen und dem evangelischen Schuldekanat Balingen-Tuttlingen.

Gelesen wurde Psalm acht, der Mensch als die Krone der Schöpfung. Das, so Pfarrerin Wurster, ermutige immer wieder, denn Gott habe den Menschen nur ein wenig geringer als die Engel erschaffen. "Wir kommen aus verschiedenen Ländern, wir sehen anders aus und sind doch alle Gottes Kinder."

Aicha Soro hatte die Kurzgeschichte "Die Fremde in meinem Zimmer" aus der eigenen Feder mitgebracht. Darin erzählt sie aus der Sicht einer alten Frau das Verhältnis zu ihrer Pflegerin und spielt gekonnt mit deren haarsträubenden Vorurteilen.

Hardy Glaser berichtete von seiner Nachbarin, Tochter eines schwarzen US-Amerikaners und einer Schwarzwälderin. Er erzählte über Alltagsrassismus und unbedachte Worte. "Aber wenn wir uns am Gartenzaun treffen, dann quatschen wir lieber über das Wetter."

"Ich bin kein Opfer." Sichtlich berührt trat Solange Fischer-Benadinho ans Mikrofon. Sie rief dazu auf, Rassismus mit einem Lächeln zu begegnen. Sie träumt von einer Welt, in der Kultur mit Respekt gesehen werde. "Ich erschaffe diese Welt", sagte sie und hielt fest: "Ich bin Christin. Ich bin schwarz. Ich bin ein Mensch, und keineswegs bin ich dein Opfer." Für all diese Worte gab es Applaus.

Die Fürbitten wurden gelesen von Daniela Brändle, Anaelle Koschnike und Annalena Lunz. Musikalische Unterstützung gab es von Bezirkskantor Wolfgang Ehni an der Orgel und der Sopranistin Juandalynn R. Abernathy.

Am Ende wurden die Teilnehmer gebeten, auf blauen und gelben Puzzleteilen ihre Gedanken niederzuschreiben. Die Pappkarten wurden anschließend nebeneinander angepinnt. "Was gelingt? Dafür sind wir dankbar" sowie "Was steht noch aus? Dafür brauchen wir Kraft" waren Denkanstöße.

Zum Thema "Rassismus und Rechtspopulismus" sind für Donnerstag, 8. Oktober ein Vortrag mit dem Populismus- und Extremismusbeauftragten Hans Ulrich Probst und für den 17. November ein Workshop mit der Asylpfarrerin Ines Fischer geplant.