Rühren die Werbetrommel, um weitere Betreuer zu gewinnen (von links): Holger Klein, Wilfried Neusch, Gabriele Kreiß, Georg Link, Nicole Molsen und Thomas Zizmann. Foto: Ugureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Sozialbehörde und -vereine brauchen Verstärkung: Zahl der gesetzlichen Betreuungen nimmt zu

Was tun, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, seine Tagesgeschäfte allein zu erledigen? In dem Fall wird vom Gericht ein Betreuer eingesetzt. 24 Berufsbetreuer und 1100 Ehrenamtliche kümmern sich derzeit im Zollernalbkreis um rund 1700 Fälle, Tendenz steigend.

Balingen. Die Betreuungsbehörde im Landratsamt, die Lebenshilfe und der SKM Zollern suchen dringend weitere Personen, die bereit sind, einzuspringen, wenn jemand allein nicht mehr klarkommt. "Es ist wichtig, weitere Ehrenamtliche zu akquirieren. Wir sind froh, dass wir bei der Suche Profis an der Seite haben", sagt Sozialdezernent Georg Link. Bedarf besteht: Vor allem bei den neuen Fällen gebe es eine Zunahme um 30 bis 40 Prozent.

Thomas Zizmann von der Betreuungsbehörde des Landkreises erklärt, wie es abläuft: Wenn jemand Hilfe benötigt, wendet man sich ans Amtsgericht, das die Behörde beauftragt, einen Bericht zu erstellen. "Dann schaut man sich an, wie die Wohn- und Finanzsituation ist, und ob jemand aus der Familie die Betreuung übernehmen kann. Wenn wir Glück haben, gibt es bereits einen Betreuer." Das sei gewöhnlich ein naher Verwandter.

In schwierigen Fällen werde ein Berufsbetreuer eingeschaltet. Etwa bei einer schweren Psychose oder abstrusen Vermögensverhältnissen. Er werde durch Gerichtsbeschluss eingesetzt, für maximal sieben Jahre. Und: gesetzliche Betreuung schließe keine persönliche Betreuung mit ein. Für Letztere werde ein Pflegedienst hinzugezogen.

Auch wenn ein Betreuer da sei, sich jedoch in gewissen Angelegenheiten unsicher fühle, könne er sich an den Betreuungsverein wenden, sagt Wilfried Neusch, Geschäftsführer beim SKM Zollern. "Wenn wir innerhalb der Familie niemanden finden, schauen wir in unserer Kartei nach, ob jemand von den Ehrenamtlichen passt." Idealerweise sollte er aus einem ähnlichen Umfeld kommen wie der Betreute, "dann fällt es leichter". Daher sein man bestrebt, bei den Betreuern ein möglichst breites Spektrum in der Bevölkerung abzudecken. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung seien hilfreich: "Der Patient entscheidet selbst, wie er behandelt werden möchte."

Zwar sei der SKM Zollern ein katholischer Verein, werde neben Bund, Land und Landkreis auch von der katholischen Kirche unterstützt. Aber die Hilfe sei nicht an eine Konfession gebunden: "Wir haben auch Betreuer ohne Religion, in letzter Zeit auch einige Buddhisten." Wichtig sei es, dass in Zukunft auch Jüngere eine Betreuung übernehmen, oder, wie die Vorsitzende des SKM, Gabriele Kreiß, bemerkt, "Frauen in der Familienphase".

Holger Klein, Vorsitzender der Lebenshilfe Zollernalb, verweist auf das neue Teilhabegesetz: "Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, sollen weiterhin selbst bestimmen."

Was die Vergütung der Berufsbetreuer angehe, so hätten Bund und Land in letzter Zeit etwas "nachgezogen", aber "die Erhöhung um 17 Prozent deckt nicht einmal die tariflichen Steigerungen ab". Bund und Land hätten Unterstützung signalisiert.

Wie wird man Betreuer? Zunächst gibt es ein Kennenlerngespräch bei der Betreuungsbehörde des Landkreises. Danach werden auch Schulungen angeboten – etwa beim SKM Zollern.

Regelmäßig finden Stammtischtreffen statt, bei denen über die Neuerungen informiert wird und die Betreuer Erfahrungen austauschen können. In der Regel kann ein Ehrenamtlicher nach zehn Betreuungen Berufsbetreuer werden. Die Grundregel lautet: Wohl und Wille des Betreuten stehen im Mittelpunkt.